Bei den nachfolgenden Ereignissen, also den nächsten 30 bis 36 Stunden, ist man auf die Aussagen der im und um das Schloß anwesender Personen angewiesen.
Vor dem Eingangsportal öffnete Oberpfleger Barth die Kutsche und der König stieg ruhig aus, ohne die sich verbeugenden Ärzte und Hofpersonal zu beachten, lediglich Wachtmeister Sauer, den er von früher kannte, begrüßte er freundlich.
Dann betrat er das Schloß und besichtigte zunächst alle Räume, dann geleitete man ihn zu seiner Wohnung im zweiten Stock. Vor einer Tür, die keinen Griff mehr hatte, blieb er stehen. Dr. Gudden öffnete mit einem Dreikantschlüssel. Ludwig sah, dass an allen Türen die Klinken abgeschraubt waren und Vorrichtungen angebracht waren, die es nur von außen erlaubten, mit einem Dreikantschlüssel zu öffnen.
Man erlaubte dem König nur sein Schlaf- und Wohnzimmer zu nutzen, ebenso die kleinen Erkerzimmer, von denen eine Tür, vom Schlafzimmer aus, zum Balkon führte. Einen weiterer Raum und vor allem der großzügige Speisesaal wurde von Gudden und Müller, dem Assistenzarzt genutzt.
Ein kleines Zimmer, das zwischen Schlaf- und Wohnzimmer lag, war für die Pfleger hergerichtet worden. Die beiden Türen des Raumes, einer führte ins Schlaf- der andere ins Wohnzimmer, waren mit verschließbaren Gucklöchern versehen worden. Dadurch konnten die Pfleger den Großteil der beiden Räume überblicken. Als sich der König beim Pfleger Mauder darüber beschwerte, versuchte ihn jener zu beruhigen, indem er sagte, die Pfleger würden nicht immer hereinschauen.
Die Fensterläden im Schlafzimmer waren verschlossen, aber Dr. Grashey ließ sie sofort öffnen. Da bei entdeckte Ludwig, dass selbst die Fenstergriffe abgeschraubt waren und bereits Löcher für Gitterstäbe gebohrt waren. Vor der Balkontür stand ein schwerer Schrank, der sich nicht bewegen ließ.
Aus den Zimmern selbst waren allen Bilder entfernt worden, die unter Glas waren, ebenso die Vasen und Alabasterfiguren. Das waren jetzt Räume ohne Wandschmuck, ohne Pflanzen oder Blumen. Selbst die Gartenkugeln aus den Beeten hatte man entfernt.
Dann gab es ein Mittagessen und der König legte sich gegen 14.30 Uhr zu Bett, um zu schlafen. Die Fahrt und die Aufregung hatten ihn sehr angestrengt. Als er sich ein schwarzes Tuch um den Hals legen wollte, er litt unter chronischen Halsschmerzen, wurde dies erst kontrolliert, ob er sich damit nicht aufhängen könne. Als dann der Glockenzug, der sich im Schlafzimmer des Königs befand, unablässig läutete, stürzte man ins Schlafzimmer des Königs, denn man hatte Angst, er hätte sich daran aufgehängt. Der König war schon beinahe eingeschlafen, aber der elektrische Glockenzug hatte sich selbst aufgehängt.
Der König schlief sehr unruhig und erwachte gegen Mitternacht. Das geschah aber ganz von selbst, denn der König war eine neunstündige Ruhezeit gewöhnt. Es gab keinen Befehl von ihm, ihn um Mitternacht zu wecken.
Da es im Zimmer kalt war, die "fürsorglichen" Männer hatten nicht etwa vergessen zu heizen, auch im Frühsommer kann es im Alpenvorland kalt werden, sondern ein kaltes Schlafzimmer galt als eine der Therapiemöglichkeiten gegen die verteufelte Onanie, wollte der König seine Kleidung haben, um sich anzuziehen.
Die Kleidung war ihm aber weggenommen worden und man gab ihm lediglich ein Paar Wollsocken (mit Wollsocken schläft man wunderbar). Gegen den Hunger gab es eine Scheibe Brot und eine Orange. Als er gegessen hatte, legte er sich mit den Socken zu Bett und schlief weiter. Punkt sechs Uhr morgens stand er auf.
Persönliches Fazit
Jetzt ist man am ersten Punkt angelangt, an dem sich zwei Personen widersprechen: Dr. Müller und Dr. Grashey.
Dr. Müller berichtet in seinen Erinnerungen, dass er angeblich mehrmals in der Nacht wegen des Königs geweckt wurde.
Das erste Mal, als der König seine Kleider verlangte. Dr. Müller will ihn dann gemaßregelt haben, indem er ihm erklärte, er bekäme seine Kleider nicht, Dr. Gudden habe angeordnet, ihn schlafen zu lassen.
Das zweite Mal, als der König seine Socken verlangte, ihm war kalt und etwas zu essen wollte. Er bekam die Socken und eine Kleinigkeit zu essen.
Dr. Müller berichtet abschließend, der König hätte sehr unruhig geschlafen und viel geträumt.
In den Erinnerungen von Dr. Grashey findet sich nichts dergleichen. Er berichtet nur, dass sich der König einwandfrei und fügsam benommen habe. Über die Nachtruhe des Königs findet sich nur, dass er anscheinend gut geschlafen habe.
Auch Oberpfleger Mauder berichtet nichts, Dr. Gudden auch nicht.
Mein persönlicher Eindruck ist, dass sich Dr. Müller, eine etwas zwielichtige Person, wie sich noch zeigen wird, sehr wichtig nimmt. Es wird wahrscheinlich eher so gewesen sein, dass sich nach dem Mittagessen alle, bis auf die wachhabenden Pfleger, das Hofpersonal und die Gendarmen, zum schlafen gelegt haben, da der vergangene Tag und die vorherige Nacht sehr anstrengend waren. Glaubhaft ist lediglich der Wunsch des Königs nach Socken, sowie Wunsch nach einer Kleinigkeit zu essen.
Man wollte wahrscheinlich erst am nächsten Tat, dem 13. Juni, den alltäglichen Betrieb aufnehmen.
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