Sonntag, 21. Juni 2020

König Ludwig II. - ein vertuschter Kriminalfall? - 52. Teil

Die Ereignisse des 13. Juni 1886 - Teil 3

Unterdessen hat sich Dr. Gudden mit Baron Washington getroffen. Gudden schildert Washington die ruhige Art des Königs und seine völlig normale Gesprächsführung. Er will den Baron spätestens am nächsten Tag zum König bringen, damit Washington ihm Gesellschaft leisten kann. Gudden begründet dies vor allem damit, dass der König seine Abgeschlossenheit gegenüber Menschen aufgeben solle.
Dann begeben sich Dr. Gudden und Baron Washington zum Gartenpavillon, um dort Dr. Müller zu treffen, auch Stabskontrolleur Zanders ist anwesend. Es wird nicht nur beschlossen, einen weiteren Assistenzarzt, sondern auch zwei weitere Pfleger hinzuziehen. Dann wird der zukünftige Tagesablauf des Königs festgelegt:

* 7 Uhr Aufstehen
* 8 Uhr Kaffeefrühstück
* 12 Uhr Gabelfrühstück
* 16 Uhr Diner
* 20 Uhr Souper
* 23 Uhr Bettruhe

Da stößt Dr. Grashey, der gerade vom König kommt zur Gruppe und sagt: " Für rettungslos halte ich den Zustand seiner Majestät nicht."
Dr. Gudden schaut seinen Schwiegersohn überrascht an und weist ihn zurecht: "Darüber sprechen wir ein anderes Mal!"
Dann geht die Gruppe auseinander.

Doch es gibt noch eine zweite Äußerung Dr. Grasheys gegenüber Dr. Gudden, als der sich im Vorzimmer etwas erfrischte: " Aber Papa, ich finde den König nicht so schlimm; der ist meiner Meinung nach nicht unheilbar."
Gudden stößt seinen Schwiegersohn mit dem Ellenbogen in die Seite und zieht ihn in die Fensternische, wo sie leise miteinander sprechen.
Schloßverwalter Huber und Stabskontrolleur Zanders werden Zeugen diese Szene.

Unterdessen ist Pfleger Mauder dem König beim Waschen behilflich. Zwölf Eimer Wasser, kalt und warm, stehen bereit und der König läßt sich in einem großen Becken stehend waschen, aber nicht im Bad, sondern im Schlafzimmer. Danach läßt sich der König von Mauder frottieren und ankleiden.
Dann verlangt er nach seinem Friseur Hoppe und dem Kammerdiener Mayr. Mauder erklärt, dass beide nicht in Berg seien. So läßt sich der König von Mauder wortlos frisieren.

* Dr. Grashey hat offentsichtlich erkannt, dass die gestellte Diagnose falsch ist. Natürlich kann er das so seinem Chef und Schwiegervater nicht sagen. Daher wählt er eine mildere Ausdrucksform, sogar beim zweitenmal, als er Gudden schon fast privat antrifft.

- Erstens: hat Dr. Grashey das Gutachten seines Schwiegervaters gar nicht gelesen oder das Beweismaterial selbst gesichtet?
- Zweitens: warum weist Gudden seinen Schwiegersohn derart zurecht? Man merkt selbst in diesem dünnen Satz die Ungehaltenheit Guddens.
- Drittens: was hat Gudden mit seinem Schwiegersohn zu tuscheln? Was ist so geheim, dass es nicht gehört werden darf? Wieso sagte Gudden nicht einfach, dass man die Frage/Feststellung/Diagnose im Kollegenkreis erörtern würde, da jede Beobachtung wichtig sei?

* Die Körperpflege des Königs wirft weitere Fragen auf.

- In Schloß Berg gab es ein Badezimmer, das schon ein Vater einrichten ließ und sehr klein war. Es war über eine Treppe erreichbar und hatte eine große Badewanne. Was wäre also näher gelegen, dem König ein warmes Bad, er hatte in der Nacht gefroren, zu bereiten? Erstens, um sich aufwärmen zu können, natürlich wegen der Körperpflege, die dem König bekanntlich sehr wichtig war und auch zur Entspannung.

- Statt dessen bringt man ein Becken (??) ins Schlafzimmer des Königs und dazu zwölf Eimer mit kaltem und angeblich warmen Wasser. Schon seltsam, wenn eine Badewanne zur Verfügung steht. Diese ominöse Becken konnte unmöglich zwölf Eimer Wasser aufnehmen, da wäre es im Schlafzimmer des Königs zugegangen wie in einem Taubenschlag.
Aber ich habe eine Erklärung für dieses Becken und diese zwölf Eimer Wasser!
Es war im 19. Jahrhundert üblich, psychisch Kranke, vor allem wenn sie gewalttätig waren, oder auch zur Gewalttätigkeit neigten, mir kaltem Wasser zu übergießen. Der König war, lt. Gutachten, ein gewalttätiger Mensch, der seine Diener mißhandelte und schlug. Die "Körperpflege" des Königs war also keine, sondern eine Behandlungsform, um den König zu disziplinieren. Somit war diese, im wahrsten Sinn des Wortes "kalte Dusche" angeordnet.

- Nachdem der König durch das kalte Schlafzimmer, jetzt wird auch klar, warum nicht eingeheizt war, und die kalte Dusche erkannt hatte, dass es besser war, zu schweigen, ließ er sich auch wortlos frisieren. Was mag das für eine Frisur gewesen sein, denn ich glaube nicht, dass Mauder, er war Pfleger, kein Friseur, ihm die Haare lockte.

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