Sonntag, 21. Juni 2020

König Ludwig II. - ein vertuschter Kriminalfall? - 50. Teil

Die Ereignisse des 13. Juni 1886 - 1. Teil

Der König hat, bis auf einen frugalen Imbiß um Mitternacht, mit Wollstrümpfen im Bett, als Decke wurde eine blaue Seidendecke genutzt, warme Füße ließen ihn in dem ungeheizten Zimmer besser schlafen, bis etwa 6.00 Uhr geschlafen. Dann erwacht er, vielleicht ist er auch, da der Schichtwechsel der Pfleger stattfand, von der Unruhe erwacht, vielleicht war er auch ganz einfach ausgeschlafen.
Er ruft den Pfleger Mauder ins Schlafzimmer, um ihn Verschiedenes zu fragen.
Das kann ich mir so nicht vorstellen, eher, dass der König bestimmte Wünsche äußerte. Denn:

- er trank vor dem Aufstehen eine Tasse Tee, genauer seinen Frühstückstee, Schwarztee mit Milch
- er bestellte sein Frühstück, äußerte seine Wünsche, was er essen wollte
- er wollte baden, bzw. duschen
- er wechselte jeden Tag seine Wäsche, verlangte daher frische Wäsche
- er wünschte Dr.Gudden zu sprechen

Was ich mir nicht vorstellen kann, ist, dass der König vor Mauder nur mit dem Nachthemd bekleidet herumlief. In dem Zimmer war es kühl, gab es keinen Hausrock oder Morgenmantel und Pantoffeln? Und außerdem war der König viel zu sehr auf seine Person bedacht, als er in so einem Aufzug, in Nachthemd und Socken, vor einem Pfleger/Bediensteten herumgelaufen wäre. Wahrscheinlicher ist, dass er im Bett lag oder saß und von dort aus mit Mauder sprach. Mauder ging dann, um Gudden zu holen.

Es ist ca. 6.15 Uhr, als Gudden erscheint und mit dem König ein längeres Gespräch führt. Der König äußert sich zunächst über seinen Onkel Luitpold, den er eher für einen schwachen Menschen denn einen Verschwörer hält. Auch zur Wahl der Kuratoren, also der Vormünder, äußert sich der König. Während ihm Graf Törring angenehm ist, ist die Wahl des Grafen Holnstein, einer der aktivsten Mitverschwörer, überdies ein zwielichtige Persönlichkeit, völlig unverständlich.
Das weitere Gespräch dreht sich um die Behandlungsweise. Gudden, der offensichtlich nichts über die zwischenmenschlichen Kontakte des Königs, zu seinen Bediensteten und im Umgang mit der ländlichen Bevölkerung weiß, oder nicht wissen will, bzw. mißbilligt, da sie, aus Sicht Guddens, kein Umgang für den König sind, drängt darauf, den Kontakt mit zunächst zwei Kavalieren, Baron Washington und Baron Malsen, zu pflegen. Der König soll mit Menschen aus seiner Klasse verkehren und mit ihnen den Umgang, Gespräche und Vergnügungen, pflegen.
Der König, gewöhnt, mit Menschen zu sprechen, die ihm angenehm sind und die er vor allem ausgesucht hat, gibt angeblich zur Antwort, dass ihm schon ein Kavalier zuviel sei. Im Umgang mit einfachen Menschen war der König nie scheu oder in sich gekehrt. Man durfte ihn auch höflich ansprechen und vor allem mit ihm sprechen. Er war leutselig und freundlich, das bestätigen die vielen Geschichten, die man heute noch hören kann.
Was er wahrscheinlich nicht mochte, war der Umgang mit dem Adel. In Adelskreisen waren alle miteinander verwandt und/oder verschwägert, dementsprechend blühten jederzeit Klatsch, Tratsch und Gerüchte. Das nahm oft bösartige Formen an und landete, zur Ergötzung der Leserschaft, nicht selten in der Presse. Es darf nicht vergessen werden, dass der König als "Herr Huber" tituliert wurde, wenn man über ihn üble Nachrede pflegte. Unschwer zu erraten, woher die Anstiftung zur üblen Nachrede kam. Bereits als junger Monarch wurde der König ständig kritisiert, egal ob es um Wagner ging, um Reitausflüge mit einem Reitknecht (dabei fiel das Wort vom Spinatstecher) oder den geplanten Bau eines Festspielhauses in München, das zu Fall gebracht wurde. Wie er sich kleidete, frisierte, Parfüm benutzte, das Militär verabscheute, etc., etc., man sah den jungen König entweder als Schulbuben oder als noch grün hinter den Ohren. Damit glaubte man, ihm weder Achtung noch Respekt zeigen zu müssen oder seine guten Seiten, Projekte und Ideen würdigen zu müssen.
Zum Schluß: es ist eindeutig Bevormundung, einem Menschen vorzuschreiben, mit wem er Kontakte pflegt oder nicht, bzw. neue knüpft.

Dann äußert der König die Bitte, es war Pfingstsonntag, in Aufkirchen zur Messe gehen zu dürfen.

* Das halte ich aus zwei Gründen für fragwürdig, denn der König besuchte, als er noch an öffentlichen Gottesdiensten teilnahm, stets die Kirche in der Ortschaft Berg, nicht in Aufkirchen. Nach Aufkirchen hätte der König mit der Kutsche fahren müssen und dass dies abgelehnt würde, war dem König sowieso klar.

* Etwas glaubwürdiger erscheint die Frage, in Berg die Messe besuchen zu dürfen. Doch dies mußte Gudden ablehnen, denn die Stimmung in Berg war aufgeheizt, wenn nicht gar explosiv. Die Annahme ist begründet, dass es beim Erscheinen des Königs zu Auseinandersetzungen gekommen wäre, das mußte verhindert werden.

* Hofrat Klug macht später die Aussage, er hätte den König am 12. Juni (!!) gefragt, ob er in seiner eigenen Kapelle, die er seit 1875 nutzte, denn am Pfingstmontag eine Messe lesen lassen wolle. Das hätte der König verneint und auf den nächsten Sonntag verwiesen.
Wie hätte der Hofrat anfragen wollen? Am 12. Juni war der König bereits in den Händen der "Fangkommission" und es durfte ihn kein Außenstehender sprechen.

Ja, was soll denn nun die ganze Geschichte um den Besuch der Messe am Pfingstsonntagvormittag? Wem oder was dient sie? Wo gibt es für sie einen wirklichen Beleg?
Natürlich war der König ein tiefgläubiger und frommer Mann, dem der Besuch der Messe ein innerliches, tröstendes Bedürfnis war. Bei gutem Willen hätte man den Besuch der Messe in seiner "Königskapelle" arrangieren können, entweder am späten Vormittag oder am frühen Nachmittag, bzw. am Abend,den es gab zu dieser Zeit genügend Priester und Kapläne.

Oder war die Frage des Königs Teil eines Plans, eine Art "Notfallplan" den man in der Zeit zwischen dem Erscheinen der ersten und zweiten "Fangkommission" geschmiedet hatte? Für diese Stunden gibt es keine verläßlichen Zeugenaussagen, ich erinnere daran, dass die Gegenproklamation des Königs im Ausland erschien.
Mit kam kürzlich eine Information zu, wonach der König am Dienstag nach Pfingsten sechsspännig nach München fahren wollte, um seine Angelegenheiten selbst vor dem Landtag zu vertreten!
Sollte der "Notfallplan" zur Rettung des Königs dienen, sollte die "Fangkommission" ein zweites Mal auftauchen, sozusagen zur Sicherheit? Ich werde noch verschiedene Hinweise erläutern.
War die Frage des Königs ein Versuch, zu erkunden, wie weit er Freiheiten haben würde? Den Besuch der Messe würde man ablehnen, wenn man vorhätte, ihn weiterhin zu internieren, er würde also nicht erscheinen.....

Das Gespräch mit Dr. Gudden endete um 8.15 Uhr.

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