Dr. Gudden - der verlängerte Arm des Ministerpräsidenten Lutz?
Die kurze Zwischenbilanz hat mich dazu geführt, mich etwas genauer mit der Person des Dr. Gudden zu beschäftigen.
* Gudden, geboren am 7. Juni 1824 in Kleve, studierte ab 1843 zunächst für ein Jahr Theologie, wandte sich dann aber dem Medizinstudium zu.
* Sein Doktorexamen legte er 1848 in Halle ab und vervollständigte sein Studium in Berlin.
* Von 1848 bis 1851 ließ er sich von Maximilian Jacobi zum Psychiater ausbilden.
* Von 1852 bis 1855 arbeitete er als Hilfsarzt und Assistent von Christian F. W. Roller in der badischen Irrenanstalt Illenau bei Achern.
* Im April 1855 wurde er zum Leiter der königlich Bayerischen Kreisirrenanstalt Werneck in Unterfranken berufen.
* 1869 wechselte Gudden als erster Direktor der 1870 eröffneten psychiatrischen Klinik Burghölzli nach Zürich, wo er auch eine Professur der Psychiatrie erhielt.
* 1873 wurde Gudden ordentlicher Professor der Universität München und Direktor der Oberbaÿerischen Kreisirrenanstalt München.
* Er wurde 1875 mit dem Verdienstorden der Bayerischen Krone ausgezeichnet und aufgrund der Ordensstatuten in den persönlichen Adelsstand erhoben. Gudden war außerdem Königlicher Obermedizinalrat.
Außerdem war er ab 1873 der behandelnde Arzt des geisteskranken Prinzen Otto, der zunächst unter milder Bewachung in Schloß Nymphenburg lebte, später nach Schleißheim. Die Krankheit des Prinzen verschlimmerte sich fortwährend, daher wurde er zunächst nach Schloss Ludwigsthal gebracht und ab 1883 hielt er sich bis an sein Lebensende im eigens für ihn umgebauten Schloß Fürstenried auf.
Auf Anordnung von König Ludwig II., der seinen Bruder wiederholt nachts besuchte, durfte ihm keinerlei Gewalt angetan werden, weder mit Schlägen, noch mit Elektroschocks. Außerdem ließ sich der König alle zwei Wochen einen Bericht über den Zustand seines Bruders schicken, der letzte Bericht lag auf dem Schreibtisch des Königs in Schloß Neuschwanstein, als der König verhaftet wurde.
Von Anfang seiner beruflichen Tätigkeit an setzte sich Gudden mit Nachdruck für eine menschenwürdige Unterbringung und einen die Persönlichkeit der Patienten respektierenden Umgang der Ärzte und des Pflegepersonals unter Beachtung des aus der englischen Psychiatrie stammenden "no-restraint-Prinzips" ein.
Abweichend von der bisherigen Art der Personalgewinnung für Irrenanstalten stellte Gudden als Pflegepersonal vormals als Sanitätskräfte verwendete Soldaten ein. Diese, nicht den bisherigen "Behandlungstraditionen" verhafteten Pfleger, beachteten die von Gudden eingeforderten neuen Unterbringungs- und Pflegegrundsätze nach dem "no-restraint-System" Connollys von Anfang an.
Seit 1869 war Gudden zusammen mit Carl Westphal Herausgeber des "Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten".
Er führte Tierversuche durch, veröffentlichte aber nichts, was von ihm publiziert ist, hat posthum sein Schwiegersohn veröffentlicht, der ihm auf den Posten nachfolgte, weil er das "Gefälligkeitsgutachten" mitunterzeichnet hatte.
Es wurde ihm auch erlaubt, in einem Flügel von Schloß Fürstenried seine Studien zu betreiben, welche die Anatomie des Gehirns betrafen, daher auch die Tierversuche, und er erfand das "Microtom" einen runden Tisch, in dessen Mitte sich eine kreisrunde bewegliche Scheibe befand, auf dem das Gehirn fixiert werden konnte, um es zu sezieren und zu untersuchen.
Gudden war außerdem seit 1855 verheiratet und hatte neun Kinder. Von den neun Kindern überlebten sieben, von denen zwei auch eine Laufbahn als Psychiater einschlugen.
Gudden war also ein zielstrebiger Mann, der die brutale und rückständige Behandlung der Patienten ablehnte und Neuerungen einführte, die eine menschlichere Behandlungsweise ermöglichten. Allerdings blieben die Zwangsjacke, das Chloroform und die Schläge weiterhin im Gebrauch. Die Pfleger wurden außerdem eigens in Griffen geschult, die den Widerstand der Patienten sofort brechen konnten.
Als der oberste Leibarzt des kranken Prinzen Otto, er wurde eigens vom König auf diesen Posten berufen, der die beste Behandlung und den besten Arzt für seinen Bruder wollte, genoß er somit das Vertrauen und das Wohlwollen des Königs.
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