Donnerstag, 9. August 2018

König Ludwig II. - ein vertuschter Kriminalfall? - 27. Teil

Fortsetzung

Der "Entmündigung des Königs" und den zu ihrem Vollzug in den Ministerratssitzungen vom 7./8./9. Juni beschlossenen Verfügungen ging folgendes voran.

König Ludwig hatte sich am 6. April 1886 wegen der „Stockungen seiner Bauten“ und wegen des "beklagenswerten Zustand der Kabinettskasse" schriftlich an Reichskanzler Bismarck gewandt. Bismarck sah, im Gegensatz zu den bayrischen Ministern, besonders der Herren Lutz und Feilitzsch, den Wunsch des Königs, "das Begonnene zu vollenden", als fiskalisch und politisch machbar an.
In einer Rückantwort v. 14. April rechnete Bismarck dem König vor, dass die Verzinsung der für erforderlich gehaltenen 6 Millionen Mark zu 3,5% nur 255.000 Mark zu den bestehenden Ausgaben der Kabinettskasse betragen würden. "Die Stände Bayerns", also die beiden Kammern der damaligen bay. Volksvertretung, so der Reichskanzler, bedürfen keiner Sicherheit und würden eine Interesse daran finden, dass die von Ludwig "zur Zierde des Landes begonnen Bauten ihrer Vollendung entgegengeführt" würden. Nach Meinung des Reichskanzlers sei der Wunsch des Königs deshalb auf keinem anderen weg als durch "die Stände", den damaligen Landtag erfüllbar.
Ludwig folgte dem Vorschlag Bismarcks und verfügte am 17. April 1886 in Hohenschwangau an Ministerpräsident Lutz, dass "zur Ordnung der Verhältnisse Meiner Kabinettskasse" dem gegenwärtig versammelten Landtag ein Vorlage gemacht werde - wie von Bismarck vorgeschlagen.
Trotz diesen ausdrücklichen Befehls des Königs wurde das Plenum der beiden Kammern mit der Angelegenheit der Schuldentilgung aber nicht befasst. Stattdessen antwortete Lutz erst am 5. Mai 1886 schriftlich, dass sich die Minister außerstande sähen, den Befehl vom 17. April zu vollstrecken und um dessen "allergnädigste Rücknahme" baten. In dem 8-seitigen Schreiben wurde die Lage der Kabinettskasse als stark übertrieben dargestellt, was durch die Rückschau noch bestätigt wurde. 
Es ist spekulativ, ob eine Befassung des Plenums der beiden Kammern zu einer Erhöhung der Zivilliste geführt hätte.
Mit Sicherheit hätte aber die Befassung des Landtages mit dem Antrag des Königs zur Entlassung aller Mitglieder des Gesamtministeriums Lutz, Lutz selbstverständlich eingeschlossen, geführt. 

Die bayrische Patriotenpartei, die damals im Bayrischen Landtag über die Mehrheit verfügte, hätte vom König als Gegenleistung auch nur für die Prüfung einer Kreditvorlage die Entlassung von Lutz und der anderen Minister, welche Mitglieder oder Naheständler der bayrischen Fortschrittspartei waren, verlangt und erhalten.

In München wurde damals gespottet, dass eine von Ludwig vorgenommene Entlassung seiner Minister diese zwar von ihrer "nach eigener Aussage so schweren Verantwortung entbunden" hätte, aber, so der österreichische Botschafter an den Wiener Aussenminister in einem Brief vom 1. Mai 1886, "die Liebe des Ministers Lutz zu seiner Stellung ist eine allgemein bekannte Tatsache. Ähnlich verhält es sich bei seinen Kollegen."

Da die politische Existenz der königlichen Minister, einschließlich des Ministerpräsidenten hochgradig gefährdet war, besann sich Lutz auf seinen Freund, den Psychiater Gudden.
Dieser hatte bereits im März 1886 seinem Freund Lutz und dem Minister Crailsheim signalisiert, nach Vorlage von glaubwürdigen Zeugnissen ein schriftliches Gutachten erstellen zu wollen, das als ausreichende Grundlage zur Entmündigung des Königs dienen können. Lutz wusste wohl damals schon, dass es für ich politisch eng war, denn er hatte, zusammen mit seinem Kabinett, die Kredite des Königs bewilligt und hatte dafür vor dem Landtag gerade zu stehen; er wählte die unerbittliche Flucht nach vorn.
Gudden bekräftigte dies nochmals auf Anfrage seines Freundes Lutz am 18. Mai 1886. Er halte den König für "originär geistesgestört" aber "begabt mit einer ungemeinen Geschicklichkeit, das zu verbergen, wenn er das will."

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