Samstag, 25. November 2017

König Ludwig II. Tod - ein vertuschter Kriminalfall? - 17. Teil

Bevor ich auf die einzelnen Punkte eingehe, vorab ein paar Informationen, die wichtig sind.

- Schon vor dem Abend des 13. Juni 1886 herrschte seit einigen Tagen kühles, vor allem regnerisches Wetter

- bei den Wegen im Park von Schloß Berg waren nicht asphaltiert, sondern fein gekiest

- das Seeufer war mit Büschen und jungen Fichten bepflanzt, danach kam ein dichter Schilfgürtel

- der Weg zum Seeufer, den der König eingeschlagen haben soll, war eine kleine längliche Lichtung, die weder befestigt, noch gekiest war

- ab der Uferlinie, also ins Wasser hinein, gab es eine Schicht groben Kies, den sog. Rollkies

- die Distanz zwischen Rollkies und der Sand-, bzw. Tuffschicht beträgt etwa 15,5 m

- die Windrichtung wird mit Süd angegeben, das war aber am Tag des 15. Juni 1886

1.) Nehmen wir zunächst die Distanz von a nach b.
Sie wird mit 16 Metern angegeben, ungefähr in der Mitte, bei 8 m, findet sich der Schirm Guddens.
Bei b, also bei 16 m, findet sich der Schirm des Königs, im Abstand von etwa 2,30 m, die ineinander steckenden Röcke des Königs, also Mantel und Jackett.
Im Ernst: wer fliehen oder sich umbringen will, wirft Schirm und Oberbekleidung vorher weg! Dann würde sich schon am Fußweg ein Gerangel ergeben, bei dem ein Kontrahent k.o. ginge oder um Hilfe rufen würde, um den Fliehenden aufzuhalten.

Jetzt meine Fragen:
Wer hat die Distanz zwischen a und b ausgemessen, inclusive der Distanzen der Fundorte der Schirme und der Röcke zueinander? Nach anderen Aussagen schwammen die Röcke des Königs am Ufer und lagen nicht am Uferrand, bzw. im Schilf.
Waren die Schritte, die man gefunden hatte, wirklich vom König und von Gudden? Laut offizieller Version waren in der Unglücksnacht mindestens 16 Personen an der Suche nach dem König und Gudden beteiligt, nicht nur zu Wasser, sondern in der Mehrzahl an Land.
Wie zertrampelt war der Weg der Lichtung?
Wem waren die aufgefundenen Fußspuren zuzuordnen? Es müssen viele Fußspuren gewesen sein, gut erkennbar, da der Boden weich und schlammig war.

2.) Der Abstand von b nach c beträgt 3,5 m. Wie wollte man die Distanz abmessen? Dort gab es nur Rollkies, auf Kies sind keine Spuren erkennbar, zumal der See zusätzlich aufgewühlt, man denke an den Wind und die Niederschläge, war.

3.) Die Distanz zwischen c und d wird mit 16,5 m angegeben. Wie soll man das ausgemessen haben? Auch auf dieser Distanz ist nur Rollkies zu finden, außerdem war der See in Unruhe, das Wasser verdunkelt und er blieb nicht flach, sondern nahm an Tiefe zu. Jetzt etwas abzumessen, ist illusorisch, die Wassertiefe beträgt 1,34 m. Das ginge evtl. mit modernsten Mitteln, aber nicht zur damaligen Zeit. 

4.) Der König floh angeblich weiter in den See, von d über e nach f. Gudden gelang es, den König einzuholen und von f über e nach d zurückzuziehen. Haertinger begründet dies damit, dass er dies aus "der großen Anzahl von Fußtritten die zwischen d,e und f" vorhanden sind.
Das ist doch abenteuerlich!
Wie will Haertinger in einer Wassertiefe von 1,34 m Fußspuren erkannt oder gar gesichert haben? Im aufgewühlten See, im trüben Wasser?
War Gudden Schwerathlet? Der König war 1,91 m groß und etwa 120 kg schwer, Gudden nur 1,62 m groß und, nach Bildern zu urteilen, auch eher beleibt, vielleicht 80 kg schwer.
Der stürmt dem König, den er schließlich für verrückt erklärt hat, in den See nach?
Noch mehr: es gelingt ihm, den König zurückzuziehen, einen Mann, der ihm an Größe und Körpergewicht weit überlegen war, zudem ein guter Schwimmer?

5.) Die Distanz zwischen d und g beträgt ca. 25 m. Dort soll zuerst ein mörderischer Kampf stattgefunden haben, in dessen Folge die Sandschicht einbrach und beide Kontrahenten ertranken. Achtung: bei Haertinger ist keine Rede vom Mord und Selbstmord des Königs.
Wie soll ein Kampf zwischen zwei so unterschiedlichen Kontrahenten über diese Distanz abgelaufen sein?
Und woraus schließt Haertinger, dass die Sandschicht eingebrochen ist und die Kontrahenten ertrunken sein sollen? Sind sie aber nicht, das ist beweisbar.

6.) Bei g brechen sie Fußtritte ab. Erst nach 4 m finden sie sich bei h wieder, als Streifspuren. Haertinger erklärt diese Distanz damit, dass sich die Füße der Leichen aus der eingebrochenen Sandschicht gelöst haben. Wie sah die Einbruchstelle aus, wie groß war sie? Alles Behauptungen, da der See an dieser Stelle 1,28 m tief ist. 

7.) Die Streifspuren führen von h nach i, machen dann einen Knick, um bei k, dem Fundort der Leichen, zu enden. Der Abstand der Leichen zueinander betrug 3 m.
Streif- oder Schleifspuren, einträchtig nebeneinander, in 1,28 m Tiefe? Man beachte das unterschiedliche Körpergewicht vom König und von Gudden! Dazu die Wellenbewegungen im See, waren sie heftig? Woher kam wirklich in dieser Nacht der Wind? 

8.) Den Hut den Königs und den Zylinder fand man an der Uferlinie, etwa 18 m in gerader Linie vom Fundort der Leichen entfernt.
Der Hut des Königs, ein sog. Bowler, wies am Satinband einen Riß auf, die Agraffe, eine große schwere Edelsteinbrosche, war noch vorhanden.
Der Zylinder Guddens war oben eingeknickt, wie von einem Schlag von oben auf die Kopfbedeckung.
Beide sollen durchnäßt gewesen sein.
Zwei Hüte, vor ihrer Auffindung, es waren Stunden zwischen dem Beginn des Spaziergangs vom König und von Gudden vergangen, wurden von ihren Trägern entweder beim Zweikampf oder schon vorher verloren. Es regnet stark, der See hat eine starke Wellenbewegung, sie saugen sich voll. Der Hut des Königs ist zusätzlich mit jener Agraffe geschmückt, die den Hut zusätzlich beschwert.
Und dann finden sich beide Hüte, schön in Eintracht vereint in geringem Abstand an der Uferlinie wieder! Das kann nicht sein, denn die nassen Hüte wären im Wasser untergegangen, vor allem der Bowler des Königs, der praktisch beschwert war. 

Das Beste aber kommt noch: die Starnberger Gerichtskommission, unter Oberamtsrichter Jehle, also die offizielle Stelle, nahm ihre Tatortbesichtigung erst am 25. Juni 1886 vor!

Es gibt also noch eine Skizzen der Gerichtskommission, eine von Fürst Eulenburg sowie Otto Schleussinger und seinem Freund! Ich markiere sie mit verschiedenen Farben: wer die Wahl hat...

Hier ein Bild des Königs, mit seinem Hut, einem sog. Bowler, den der im Grunde modebewußte König gerne trug und mit einer Agraffe schmückte.



Quelle: http://www.hellenicaworld.com/Photog...s/HWPh0069.jpg

Hier zwei der Diamantagraffen, mit denen der König gerne seinen Hut schmückte.
Sie sind, neben anderen Kostbarkeiten, in der Schatzkammer der Residenz ausgestellt.



Quelle: Nöhbauer, H.F. - Auf den Spuren König Ludwigs II.. Ein Museumsführer

Zu einer Agraffe gibt es eine Begebenheit. Als der König auf Neuschwanstein ein zweites Mal die "Fangkommission" erwartete, war sein Kammerdiener Alfons Weber bei ihm. Der König schenkte ihm für seine Treue nicht nur 1.200 Mark, sondern auch eine seiner Diamantagraffen. Weil er aber fürchtete, man könne die Agraffe zurückfordern, stellte er ihm einen Schuldschein über 20.000 Mark aus.
Natürlich wurde nach dem Tode des Königs die Agraffe ersatzlos zurückgefordert, ebenso andere kostbare Geschenke des Königs. Doch Weber nahm sich einen Anwalt und übergab ihm die ganze Angelegenheit. Da hat man ihm alles, was ihm der König geschenkt hatte, gelassen....
Weber war dann ein gemachter Mann und kaufte sich eine Druckerei.

König Ludwig II. Tod - ein vertuschter Kriminalfall? - 16. Teil

Situationsplan der Unglücksstelle nach der Lageskizze des Bezirkstechnikers Hofrat F. X. Haertinger (nachgezeichnet v. Lesekatze), mit Erläuterungen Haertingers.



Quelle: Nachzeichnung Lesekatze nach dem Originalplan in: Hacker, R. - Ludwig II. in Augenzeugenberichten

Erläuterungen

- Die Gesamtdistanz von a - b beträgt 16 Meter. Sie führt durch eine schmale Lichtung durch das Jungholz zum See.
- In der Hälfte der Gesamtdistanz, also bei 8 Metern, befand sich der Schirm Guddens.
- Am Ende der Distanz, also bei 16 Metern, fand sich der Schirm des Königs vor.
- In einer Entfernung von 2,30 Metern rechts vom Schirm des Königs entfernt fanden sich die Röcke des Königs, also der Mantel und das Jackett, das Jackett steckte im Mantel.

4, 60 Meter vom Schirm entfernt zeigen sich im Rollkies im See erste Fußtritte, welche von da aus in der Richtung c - d am Rollkies verfolgt werden können. Wassertiefe bei d: 1,34 Meter.
- Von d gehen nach e und f Fußtritte nach SW.
- Von d nach g Fußtritte auf dem Tuffsand nach NW.

- Bei g sind die Fußtritte gänzlich verschwunden und finden sich nach N erst nach 4 Metern als Streifspuren wieder.
- Bei i knicken die Streifspuren ab und enden bei k, dem Fundort der Leichen, Wassertiefe 1,28 Meter.
- Der Hut des Königs und der Zylinder Guddens fanden sich 18 Meter vom Fundort der Leichen an der Uferlinie.

- Nachdem der König sich bei Punkt a von Gudden getrennt hatte, holte Gudden den König bei b wieder ein.
- Der König warf den Schirm weg und hinterließ seine Röcke und entkam Gudden erneut.
- Er floh in Richtung c - d - e - f in den See.
Gudden erreichte den König bei f und zog ihn zurück nach dDas schließe ich aus der großen Anzahl von Fußtritten, welche zwischen d - e - f vorhanden sind.
Von d aus haben sich die Kämpfenden nach Richtung g bewegt. Dort brach die Tuffsandschicht durch (?) so dass sie beide ertranken.
- Durch die Wellenbewegung lösten sich die Körper aus der Tuffsandschicht los und trieben, siehe Streifspurenüber h - i - k.

Zugegeben, auf den ersten Blick der perfekte Situationsplan, mit genauen Maßangaben, sowohl bei den Fußtritten, der Wassertiefen und dem Sterbeort.
Er würde heutigen Ermittlern zur Ehre gereichen!
Aber: er ist zu perfekt!

König Ludwig II. Tod - ein vertuschter Kriminalfall? - 15. Teil

Stimmt, Hucki, das ist überhaupt das stärkste Motiv, wobei die anderen Motive nicht außer Acht gelassen werden dürfen, wenn sie auch nur eine Nebenrolle spielten. Sie waren jedenfalls glänzend geeignet, um den König offiziell zu entmündigen. Man konnte schließlich nicht schreiben, dass der König ein gefährlicher Putschist war, der Großmannsträume und Großmannssucht gefährdete. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte er in Bayern Erfolg gehabt. Es ist nicht auszuschließen, dass andere ehemalige souveräne Königreiche sich gegen die preußische Vorherrschaft gewehrt hätten. 

Die "Coallition" soll, nach Aussage Hornigs zwar zweimal aufgelöst worden sein, aber wer sagt denn, dass sie nicht weiter bestand. Hornig wurde nämlich im Sommer 1885 aus dem Hofdienst entlassen und als Gestütsleiter nach Rohrenfeld bei Neuburg a.d. Donau versetzt. Er war auch einer der Männer, die den König durch ihre Aussagen am stärksten belasteten, sei es über Coallition, als auch über die angeblichen Gewohnheiten des Königs.
Hornig reagierte in diesem Fall voller Hass auf den Mann, der ihn nicht nur reichlich beschenkt hatte, immerhin eine Villa mit großem Garten am Starnberger See sowie weiteren teuren Gunstbezeigungen, ihn als Freund behandelt hatte, sie standen auf "Du und Du", und ihn mit Aufgaben betraut hatte, die einem Geheimsekretär entsprochen hätten und nicht einem Stallmeister. Sie waren von 1867 bis 1885 eng befreundet. Wer zum König wollte, mußte seinen Weg über den "Kutscherkanzler", so wurde Hornig spöttisch genannt, nehmen.

Ich habe mich oft gefragt, wie so ein Hass entstehen konnte. Hornig wurde zwar aus dem Hofdienst entlassen, aber ihm entstanden in seiner neuen Position keinerlei finanziellen Nachteile. Die Villa und die teuren Geschenke durfte er natürlich behalten, nur ins Vertrauen des Königs wurde er nicht mehr gezogen.
Er und Kabinettssekretär v. Ziegler waren beste Freunde.

Hornig, geb. 10.09.1841, war übrigens verheiratet und hatte Kinder.

Die Villa gibt es heute noch, sie gehört sie den Baudenkmälern in Allmannshausen am Starnberger See.

Nach dem Tod des Königs kaufte sich Hornig ein großes Hotel in Kempten.

Als man glaubte, es sei Gras über die Nacht vom 13. Juni 1886 gewachsen, bzw. die offizielle Version sich verfestigt hatte, adelte Prinz Luitpold 1900 den Gestütsleiter Richard Hornig, der von da an Ritter Richard v. Hornig hieß, allerdings in den persönlichen Adelsstand, d.h. der Titel war nicht vererbbar. 
Hornig starb am 02.08.1911. Er wurde eingeäschert, sehr ungewöhnlich für diese Zeit, und am alten Münchner Südfriedhof begraben.

Nach einer kleinen Pause, ich muß die Tatortskizzen sichten, geht es weiter.

König Ludwig II. Tod - ein vertuschter Kriminalfall? - 14. Teil

Der dritte Grund, der unsichtbar hinter dem Gutachten stand, mag uns heute lächerlich erscheinen.

- Der König war ein reinlicher und gepflegter Mann. Er badete oder duschte täglich, ließ sich seine Haare, die er etwas länger trug, locken. Er benutze wohlriechende Seifen und, ein Deo gab es noch nicht, Parfüm. Sein Lieblingsduft hieß "Chypre" und er machte davon reichlich Gebrauch. Er wechselte täglich seine Unterwäsche und Oberbekleidung, die modisch geschnitten war und edlen Stoffen bestand. Er trug Schmuck, wie etwa am Hut eine Brilliantagraffe, seine erlesene Uhr, einen Herrenring und unter dem Hemd ein Medaillon. Das galt als unmännlich und weibisch.

- Aus dem Militär machte er sich so gut wie nichts und Krieg verabscheute er. In die beiden Kriege, die unter seiner Regentschaft geführt wurden, wurde er, da er Verbündeter war, hineingezogen. Er ließ sich nie als Kriegsherr feiern und die Uniform, in der er zweifellos eine gute Figur machte, zog er nur zu offiziellen Anlässen an. Er galt daher als Feigling.

- Er haßte das Wort "schneidig" und verabscheute den sich aus Preußen ausbreitenden "Hurra-Patriotismus". Man kann sich heute, nach der Ernüchterung durch zwei Weltkriege, gar nicht mehr vorstellen, wie das Vorbild Preußens wirkte. Unter der Vorherrschaft Preußens war ein Deutsches Reich geschaffen worden, wie ein Guß aus Eisen. Plötzlich war man wer, man gehörte dazu, man war Großmacht! Was sich da ausbreitete wie ein Krebsgeschwür, man hätte auch ohne diesen Militarismus Wirtschaft und Forschung fördern können, hatte mit einer gesunden Portion Patriotismus nichts mehr zu tun, das war Nationalismus und Chauvinismus in seiner ausgeprägtesten Form. 
Wenn wir heute über Zuckmayers "Der Hauptmann von Köpenick" schmunzeln, so ist das nichts anderes als ein Abbild der damaligen Gesellschaft und deren Denken.
Und Kaiser Wilhelm I., der der Onkel von König Ludwig war, half ihm nicht, als ihm sein Neffe in seiner Situation ein hilfesuchendes Telegramm schrieb.....

Als Prinzessin Therese, ein Cousine Ludwigs, die eine anerkannte Forscherin war, vor dem I. Weltkrieg warnte, verlangte ihre kriegstrunkene Verwandtschaft, man solle sie ins Irrenhaus sperren...
Und mit Kriegstrunkenheit und "Hurra-Patriotismus", der vom Bürgertum unterstützt wurde, ging es in den I. Weltkrieg und dann....eine böses Erwachen, das noch Schlimmeres nach sich zog! 

König Ludwig II. Tod - ein vertuschter Kriminalfall - 13. Teil

Die Homosexualität, die Selbstbefriedigung und noch ein dritter Grund, den ich noch erläutern werde, stand unsichtbar hinter dem Gutachten.
Die Aussagen von den Herren Hornig, v. Ziegler, Mayr, Welker und wie sie noch alle hießen, wurden nicht nur vor, sondern auch nach dem Tod des Königs schriftlich festgehalten. Die Absetzung mußte vor dem bayrischen Landtag begründet werden und was war da geeigneter, als das Gutachten, das schon seinerzeit fraglich war, nochmals von "seriösen Zeugen" untermauern zu lassen.
Weißt Du, große Teile des 19. Jahrhunderts, vor allem die zweite Hälfte, war gekennzeichnet durch Doppelmoral. Laß mich ein paar Beispiele nennen: 

- Prostitution war verpönt. Aber es gab viele Bordelle, in allen erdenklichen Spielarten.
- Leicht bekleidete Kinder traten in durchsichtigen Kleidchen auf der Bühne auf. "Little Flossie" war im Londoner Nachtleben so ein "Star" und die Pädophilen konnten sich zumindest am Anblick weiden.
- Drogen wurden nicht weniger konsumiert als heute. Es gab dementsprechende Häuser, die sich auf Klopfzeichen öffneten und so konnte man sich angenehme, rauschhafte Träume verschaffen.
- Homosexualtät wurde verteufelt. Es gab aber Treffpunkte, wie etwa bestimmte Bäder, in denen man locker Kontakte knüpfen konnte.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an "Das Bildnis des Dorian Gray" von Oscar Wilde. Er ist kein Gruselroman, sondern ein Gesellschaftsroman, der gnadenlos den Spiegel vorhält. Wilde wurde deswegen von der "besseren" Gesellschaft gehaßt und es gab nicht wenige, die sich darüber freuten, dass er ins Gefängnis mußte.

Und nun zum Mordmotiv an König Ludwig II..

- Der Drahtzieher des ganzen Komplotts war Ministerpräsident Lutz, der nicht nur Angst um seinen Posten haben mußte, sondern auch davor, vor dem Landtag, Rechenschaft darüber ablegen zu müssen, warum er dem König so lange die Überziehung, oder mehrfache Überziehung seines Gehalts, der Zivilliste gestattet hatte.

- Der König hatte sehr wohl auch selbst Geldgeber zur Tilgung seiner Schulden gesucht. Wie etwa den Herzog v. Nassau, der dafür die Überlassung der Jagden in Bayern haben wollte. Oder einen Fabrikanten, der bereit war, Geld vorzuschießen. Lutz und sein Kabinett, die darüber Bescheid wußten, hintertrieben erfolgreich die Verhandlungen. Der Fabrikant beschwerte sich sogar bei Bismarck, was man da für ein Spiel mit dem König von Bayern treibe.

- Der König hatte Lutz gedroht, ihn aus seinem Amt zu entfernen, er konnte ja den Ministerpräsidenten ernennen, und das gesamte Kabinett Lutz aufzulösen. Außerdem hatte die Bayernpartei, die stärkste Partei im Landtag, dem König signalisiert, ihm weitere Gelder für die Bauten zu bewilligen.

- Wie ich schon erwähnt hatte, hatte der König einen Geheimbund gegründet, die "Coallition", deren Ziel es war, im 1870/71 gegründeten Deutschen Kaiserreich zu putschen und die vollständige Souveränität wieder herzustellen. Das hätte ein Reich im Reich bedeutet, so war Bayern nur so etwas wie heute in Deutschland. 

- Schloß Berg sollte regelrecht in ein Sicherheitsgefängnis verwandelt werden. Mit Gittern vor den Fenstern und Türen. Das Seeufer sollte mit einem meterhohen Zaun und Stacheldraht gesichert werden, Gendarmen waren sowieso schon im Park.
Oskar Maria Graf beschreibt in seinem Buch "Das Leben meiner Mutter", wie aufgeheizt seinerzeit die Stimmung im Ort Berg war. Schon bevor der König in Berg interniert wurde, kam Militär nach Berg. Auf dem See durfte unmittelbar vor dem Schloßpark nicht gekreuzt und gerudert werden. Am Abend durfte man nach 20.00 Uhr nicht mehr auf der Straße sein, ins Wirtshaus gehen oder sich einfach auf der Gartenbank sitzen und sich unterhalten. Wer erwischt wurde, konnte mit Gefängnis bestraft werden.
Die Männer in Berg und den anderen Ortschaften rund um den Starnberger See murrten und es stand im Raum, schließlich waren alle Männer einmal durch die Wehrpflicht beim Militär, ob man den König nicht befreien könne.
Die Verantwortlichen hatten panische Angst, der König könne entkommen, bzw. befreit werden. Im Fall seiner gelungenen Flucht oder Befreiung hätte er nach München gehen und vor dem Landtag erscheinen können. Die Putschisten, nichts anderes waren Lutz & Co., wäre dann zur Rechenschaft gezogen worden und es womöglich eine blutige Revolte gegeben. Der Mann durfte nicht weiterleben, denn sonst wäre er immer eine Gefahr gewesen.
Der König war nicht einfach nur der König, sondern eben auch ein Symbol und um ein Symbol scharen sich nun einmal Menschen.
Ich erinnere an den Mord an der gesamten Zarenfamilie im Juli 1918 in Jekaterinburg. Trotzki plante einen Schauprozess mit dem ehemaligen Zaren. Als er Ende Juli nach Moskau kam, fragte er nach dem Zaren. Swerdlow erklärte, man habe ihn erschossen. Trotzki fragte nach dem Rest der Familie und Swerdlow antwortete, man habe auch sie erschossen, alle hätten das so beschlossen. Lenin sei der Ansicht, man hätte den "Weißen"kein Banner, kein Symbol überlassen dürfen...
Damit dürfte alles klar sein....

Wenn bei der Erstellung des Gutachten alles rechtens gewesen wäre, hätte man auch nach Recht und Gesetz verfahren müssen. Die Entmündigung hätte von einem Amtsgericht genehmigt werden müssen, unter der Zuziehung von anderen Gutachtern und Rechtsanwälten, denn der König war nicht rechtlos. Es wäre, bis zur Entscheidung des Amtsgerichts, ein freier Mann gewesen, mit voller Geschäftsfähigkeit.
Was glaubst Du, wie lange das gut gegangen wäre? Im schlimmsten Fall hätte man mit ständigen Unruhen oder sogar einem Bürgerkrieg rechnen müssen. 

Über den dritten Grund, der hinter dem Gutachten stand, schreibe ich noch im Anschluß. Er wirft ein weiteres bezeichnendes Licht auf das Motiv, den König zu beseitigen.

König Ludwig II. Tod - ein vertuschter Kriminalfall? - 12. Teil

Nachdem ich die Onanie aus der Sicht der Ärzte und Psychiater des 19. Jahrhunderts erläutert habe, stelle ich den Zusammenhang zu König Ludwig II. her.
Ich zitiere wörtlich aus Bogen 16 des Gutachtens aus den Aussagen des ehemaligen Kabinettsekretärs v. Ziegler:

"Ich glaubte eine Zeit lang, dass Seine Majestät einen Hang zur Onanie habe. Bei Allerhöchst deren Abneigung gegen das weibliche Geschlecht lag dies nicht ferne. Auch versicherte mir ein früherer Kammerlakai Huber, sie hätten während der Schweizerreise "Schande und Spott" ausgestanden, weil die Bettwäsche Seiner Majestät täglich die Spuren geschlechtlicher Ausscheidungen gezeigt habe. Es wurde mir aber von anderer Seite versichert, Seine Majestät litten an ganz abnorm häufigen und starken Pollutionen.
Jedenfalls machte ich die Wahrnehmung, dass Seine Majestät nach dem Aufstehen sehr matt, deprimiert, leidend waren." 


Wieder einmal der Herr von Ziegler, der einen Kammerdiener Huber zitiert und andere Informanten nicht namentlich nennen will. 
Das unmittelbar mit der Wäschepflege betraute Personal, also die Waschfrauen und Kammerfrauen, wurden überhaupt nicht befragt, es ist nirgends eine einzige Aussage, kein einziger Satz von ihnen zu finden.

Und dann gibt es noch das "Geheime Tagebuch", das ich schon erwähnt hatte. Ich zitiere daraus, warne aber, da ein Vergleich mit dem Original nicht mehr möglich ist. Mag man also selbst entscheiden, ob die zitierten Stellen der Wahrheit entsprechen. Vor allem: wenn man die selten datierten Einträge liest, wird man sehr schnell feststellen, dass es sich weniger um ein Tagebuch sondern eher um ein Bekenntnisbuch handelt.

Au nom du Pere, du Fils et du Saint Esprit!
Ich liege im Zeichen des Kreuzes (Erlösungstag unseres Herrn), im Zeichen der Sonne (Nec pluribus impar!) und des Mondes (Orient! Wiedergeburt durch Oberons Wunderhorn.-) Verflucht sei ich und meine Ideale, wenn ich noch fallen sollte Gott sei Dank, es ist nicht mehr möglich, denn es schütz mich Gottes heiliger Wille, des Königs erhabenes Wort! - nur psychische Liebe allein ist gestattet, die sinnliche dagegen verflucht Ich rufe feierlich Anathema über sie aus:
.....


De par le Roy.
Vom Thronhimmel des Königlichen Bettes auf immer hinweg verlegt, nach jenem weichen Polster eines orientalischen Traum Ortes, doch nun auch hier nicht wieder, überhaupt keinesfalls vor dem 10.Febr. dann immer seltener, immer, immer seltener---Hier gilt kein "dies ist unser Vergnügen" - sondern es ist jetzt ein streng einzuhaltendes Gesetz.
.....


De Par le Roy.
Nicht mehr im Januar, nicht im Februar, überhaupt ist das Ganze so viel als nur irgend möglich abzugewöhnen. Mit Gottes und des Königs Kraft!
........

Keine nutzlosen kalten Waschungen mehr, Schluß seit dem 3. - Weihwasser. Alles Schlechte erlöscht durch den Königs Willen. Die neuen Höhen sind im Geiste erstiegen, Schonung geboten, bei schwerer Strafe u. zu folgenden Gewissens-Bissen.
......


3.Febr. Hände kein einziges Mal mehr hinab, bei schwerer Strafe! Y.E.R.
......

Es geht seitenweise so fort und dieses "Tagebuch" war, der Kammerlakei Mayr, einer der Hauptbelastungszeugen im Gutachten, hatte es dem König gestohlen, ein hervorragender "Beweis" für die "verbrecherische, mörderische Gesinnung" des "wahnsinnigen" Königs.....

Der König versuchte selbst, nicht nur mit Gebeten Worten, Verfluchungen und Schwüren gegen dieses "verwerfliche, abscheuliche Laster" anzukämpfen. Er nahm auch höchst gefährliche und fragwürdige Mittel ein, die er sich freilich nicht selbst verschreiben ließ, sondern immer wieder Bedienstete zu Ärzten schickte, die dementsprechende Symptome schilderten und sich die verordneten Medikamente in den Apotheken aushändigen ließen. Dazu gehörten das Schlafmittel Chloralhydrat, Morphium, Opium, Laudanum, Kokain und Arsen. Der König vertrug natürlich nichts davon, er war auf dem besten Weg, seine Gesundheit zu ruinieren und blieb zum Schluß bei Chloralhydrat, das er vor allem nahm, um wegen seiner Kopf- und Zahnschmerzen schlafen zu können. Das Schlimmste aber kommt zum Schluß: der König ließ sich bei einem Quacksalber ein Röhrchen besorgen, dass er in die Harnröhre einführte und kaltes Wasser hindurchlaufen ließ, zur Kühlung des Penis! Also, ich bin ja so allerlei gewohnt, aber das hat alles überstiegen, was ich bisher zur Bekämpfung der Onanie gelesen hatte.....kein Kommentar!

König Ludwig II. Tod - ein vertuschter Kriminalfall? - 11. Teil

Ein paar von den körperlichen Krankheiten hatte ich vergessen:

- Schlaganfall
- Taubheit
- schielen
- Gicht
- Drüsenerkrankungen
- Krampfadern
- Blasenschwäche
- weißer Ausfluß (bei Frauen)
- Gebärmuttervorfall
- Gebärmutterkrebs
- starke Körperbehaarung, vor allem an den Händen
- Venerische Krankheiten (Geschlechtskrankheiten)

Der ärztliche Geist war unerschöpflich und so konnte auch der unfähigste Mediziner ein "treffsichere" Diagnose stellen!

Nebenbei: wenn die gleichen Mediziner gewußt hätten, dass man in der Antike und in Asien für Frauen Dildos herstellte, dann wären sie in Ohnmacht gefallen. Man war in diesen Kulturen der heilsamen Meinung, das "schlechte Säfte" die Gesundheit beeinträchtigen würde. Natürlich war es auch besser, eine Frau hatte einen "künstlichen Freund" wenn der Mann nicht zu Hause war, denn damit war ein Seitensprung und die damit verbundenen Folgen, er zog für die Frau und den Liebhaber den Tod nach sich, wesentlich geringer. Und wie schon erwähnt: bis ins 18. Jahrhundert galt die Onanie in Europa als völlig normal.

Hier ein paar Links:

http://www.erospa-shop.de/blog/wp-co...zeit-dildo.jpg
http://www.dildo-factory.de/img/asien.jpg
http://www.lessentiel.lu/diashow/578..._xgmj7DlpA.jpg
http://image.excite.de/liebe/foto/bi...der-antike.jpg
http://bilder.bild.de/fotos-skaliert...h,c=0.bild.jpg
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http://2.bp.blogspot.com/-a2nenE6bqg...25282%2529.JPG
http://www.hermann-historica-archiv....db=kat61_w.txt