Freitag, 18. November 2016

Wilhelm II. und Kronprinz Rudolf - eine feindliche Freundschaft Teil 5

War Kronprinz Rudolf schon über seinen „beruflichen“ Werdegang höchst unglücklich, da er immer die persönliche Gewissheit hatte, abgeschoben, oder besser, ruhiggestellt zu sein und keine seiner Ideen auch nur ansatzweise verwirklichen zu können, so muß er, wenn er das Privatleben seines Intimfeindes Wilhelm sah, das Gefühl haben, dass an seiner Wiege eine böse Fee gestanden haben musste, die alles in seinem Leben zum negativen verkehrte.

Wilhelm lernte seine spätere Frau, Auguste ViktoriaPrinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, genannt Dona, schon 1868 im thüringischen Schloss Reinhardsbrunn kennen, obwohl andere hübsche Andekdoten von diesem ersten Kennenlernen existieren, z.B. dass der junge Prinz eine hübsche junge Dame im Wald nach dem Weg nach Primkenau, dem Wohnort der jungen Auguste, fragte und sich in sie verliebte.
Durch die befreundeten Eltern wurde die Freundschaft zwischen den beiden jungen Leuten im Sommer 1878 in Potsdam erneuert und offiziell gemacht.
Zahlreiche Briefe, die durchaus nicht prüde waren, wurden von den jungen Leuten ausgetauscht und Wilhelm drängte seine Eltern, seine Verlobungspläne zu unterstützen. 
Die Verlobung fand am 14. Februar 1880 in Gotha statt, wurde aber noch nicht bekannt gegeben. Kaiser Wilhelm I. und die Hofgesellschaft fanden die Braut zunächst unpassend, da sie nicht als ebenbürtig galt, da sie eine bürgerliche Urgroßmutter und eine Großmutter hatte, die nur eine Gräfin war.
Doch das preußische Kronprinzenpaar unterstützte die Heiratsabsichten ihres Sohnes und selbst der reservierte Kaiser Wilhelm I. schloß, nachdem er seine zukünftige Schwiegerenkelin besser kennengelernt hatte, in sein Herz und verglich sie sogar mit seiner Mutter, der legendären Königin Luise.
Die glanzvolle Vermählungsfeier der in gegenseitiger Zuneigung geschlossenen Ehe fand am 27. Februar 1881 im Berliner Schloss statt. Das frischvermählte Paar zog sich nach Potsdam zurück und der glückliche Wilhelm stellte seine Frau anschließend seinem Regiment als Regimentsmutter vor.
Bereits am 6. Mai 1882 schenkte sie ihrem Sohn, Kronprinz Wilhelm, das Leben und hatte schon damit ihre Aufgabe, dem Haus einen männlichen Erben zu schenken, erfüllt.
Bereits am 7. Juli 1883 kam eine weitere Sohn zur Welt, Eitel Friedrich, am 14.Juli 1884 wieder ein Sohn, Adalbert. Weitere Söhne folgten: Prinz August Wilhelm am 29. Januar 1887 und Oskar am 27. Juli 1888. 

Die Erbfolge war somit mehr als gesichert und das führt mich zu einer Episode, die mich schon immer irgendwie seltsam angemutet hat.
Der österreichische Kronprinz Rudolf, der wie schon bekannt, Wilhelm nicht mochte, ja sogar verabscheute, verfaßte unter einem Pseudonym, in jeden Fall anonym, geheime Schriften, die dann in der Presse teilweise veröffentlicht wurden (komplett sind sie bei "Hamann, Brigitte - Majestät, ich warne sie..." nachzulesen).
Es geht hier speziell um einen "unsauberen Artikel über andere" und macht auf mich den Eindruck einer Revanche- und Tratschgeschichte, einer Reaktion auf die Klatschgeschichten, die über Rudolf selbst kolportiert wurden. Naja, Rudolf war wahrhaftig kein Kind von Traurigkeit und hatte zahlreiche Liebesaffairen, selbst in seiner Ehe. Bei einer dieser Gelegenheiten infizierte er sich mit Gonorrhoe und dann seine Frau, die dadurch unfruchtbar wurde.
Es wäre ja nicht so gewesen, dass kein Herrscher, Kronprinz oder Prinz, je in einem Bordell gewesen wäre , Rudolfs Vater hatte eine jahrelange Geliebte namens Anna Nahowski, aber solche Dinge wurden in der Regel verschwiegen und diskret abgehandelt.
Manchmal gingen allerhöchste Herrschaften auch gemeinsam in gewisse Nobelbordelle, wird wohl bei keinem ausgeblieben sein, wie etwa der Kupplerin Wolf in Wien, deren Frauen gebildet waren und geschult, sich in besten gesellschaftlichen Kreisen zu bewegen. Heute würde man das wohl einen Escort-Service nennen...

Kurz und gut, Wilhelm wird da zuerst als Mann dargestellt, der eine feste Geliebte in Berlin installiert hat. Als er sich im Garten von Schönbrunn angeblich mit zwei Damen treffen will, läuft die ganze Sache denkbar dumm ab, kurzum, Wilhelm und die Damen treffen sich nicht.
Anschließend bestellt man die Damen nach Mürzsteig und Eisenerz, da lagen Jagdgebiete der kaiserlichen Familie, um sich dort wiederum, mit den Damen zu treffen. Zuerst werden Wilhelm dort die Manschettenknöpfe gestohlen, dann macht er angeblich mit den zwei Damen gehörig Lärm, so dass alle Hausbewohner wach werden.
Rudolf gibt in seinem Schreiben, das ja kein privates war, sondern für die Zeitungen bestimmt war, zu, dass eine der Damen schwanger war und das Kind Wilhelm anhängen wollte. Doch der bezahlte nicht, sondern nahm sich einen Anwalt, der die Sache aus der Welt schaffte.
Die ganze Geschichte, bei der Wilhelm auf mich eher den Eindruck eines unerfahrenen Freiers macht, soll sich 1887 ereignet haben. Mich persönlich würden da schon die Berichte der österreichischen Geheimpolizei interessieren, die nicht nur Rudolf sondern auch seine Gäste überwachte.
Auch bei vollem Verständnis für Rudolfs Erbitterung, daß er als der verdorbene Frauenheld ohne Moral dem Musterbild eines christlichen Herrschers ohne Fehl und Tadel entgegengestellt wurde, noch dazu mit übertriebenen Affairen, kann die Beurteilung dieser Denunziation an den Pariser "Figaro" nicht anders als negativ ausfallen. Der nervlich überforderte Kronprinz setzt sich hier ins Unrecht, nicht bedenkend, welcher Gefahr er sich aussetzte, als Autor dieser Zeilen über den deutschen Kaiser entdeckt zu werden.
Vielleicht wünschte sich der Kronprinz zudem, dass die Frau Wilhelms, Dona, Kenntnis über solche Dinge erhielt und sie sich dann ähnlich wie seine Frau Stephanie verhielt, die ihrem Gatten nach ihrer Geschlechtskrankheit, mit der sie Rudolf angesteckt hatte, das gemeinsame Schlafzimmer verschloß.
Dieses Vorhaben würde zu Kronprinz Rudolf passen…

Kronprinz Rudolfs Eheleben verlief ähnlich unglücklich wie sein Berufsleben.
Seine Frau,Prinzessin Stephanie, wurde als zweite Tochter von König Leopold II. von Belgien und seiner Ehefrau Marie Henriette von Österreich am 21.Mai 1864 bei Brüssel geboren.
Stephanie hatte eine schwere Kindheit, da die Mutter keinerlei Interesse an den Kindern ihres ungeliebten Mannes zeigte und auch der Vater, der nur an seinen Geschäften interessiert war, keine Zeit mit den Mädchen verbrachte. Die Erziehung der Geschwister zielte auf deren Abhärtung ab.
Stephanies Verheiratung wurde, entgegen anderen verbreiteten Geschichten, in denen sie sich zufällig im Schloß von Stephanies Eltern trafen, von den Höfen in Wien und Brüssel geplant. Für den Wiener Kaiserhof kam als zukünftige Gattin Rudolfs nur eine katholische Prinzessin in Frage, die nicht älter als 20 Jahre sein sollte. Im Gegensatz zu den Wittelsbachern waren hier die Habsburger ziemlich rückständig. Von den vier Königinnen Bayerns waren drei evangelisch: Karoline von Baden, Therese von Sachsen-Hildburghausen und Marie von Preußen. Keine wurde gezwungen, zu konvertieren. Lediglich Marie von Preußen, die spätere Königin Marie von Bayern, konvertierte im Oktober 1874 aus privaten Gründen zum Katholizismus.

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