Freitag, 18. November 2016

Wilhelm II. und Kronprinz Rudolf - eine feindliche Freundschaft Teil 6

So weit war man in Wien aber nicht, sondern es mußte, wie bereits erwähnt, eine katholische Prinzessin sein. Nebenbei: Stephanie brachte eine beträchtliche Mitgift in die Ehe, die sich aus Geld, Schmuck und teurer Kleidung zusammensetzte. In der Fachsprache nannte man das einen Trousseau. Sie war für das Kaiserhaus ein lohnende Partie, zu dem war Stephanie für öffentlich Auftritte, mehr wurde ja nicht verlangt, schon gleich gar nicht, dass sie sich politisch betätigte, bestens geschult - besser als seinerzeit ihre Schwiegermutter, Kaiserin Elisabeth.
Allerdings war hatte das junge Mädchen noch nicht einmal ihre erste Periode gehabt, sie war noch nicht "formiert". Man experimentierte aus abenteuerlichste Weise, um sie zu formieren, u.a. wurden Blutegel angelegt, um den Blutkreislauf zu verbessern und die Blutbildung anzuregen....
Kurz und gut: die kaiserliche Braut kam nach Wien und wurde von der Bevölkerung begeistert empfangen. Im Kaiserhaus dagegen war der Empfang frostig und Kaiserin Elisabeth lehnte sie von Anfang an ab. Sie war ihr zu fad, zu unscheinbar, ein Trampeltier und sie machte sich über das junge Mädchen lustig. Ihre Tochter Marie Valerie schloß sich dem an, allerdings, war sie zum Zeitpunkt der Eheschließung ihres Bruders ein unreifer Teenager. Später sah sie dann viele Umstände im richtigen Licht.
Kaiserin Elisabeth rückte nie von ihrer vorgefaßten Meinung ab, obwohl Stephanie später Elisabeths Aufgaben, zu denen eben auch repräsentieren gehörte, vollständig übernahm. Elisabeth, pflegte ihre Körperkult und ihr Privatleben; heute wird sie von Historikern als Egomanin gesehen, die sich zwar mit ihrer Stellung, ihrem Beruf nicht anfreunden und nicht einfügen wollte, aber alle Vorzüge dieser Stellung genoß.
Die 16-jährige Stephanie und Rudolf heirateten am 10. Mai 1881 in Wien. Ihre Hochzeit war pompös, mit allem kaiserlichen Glanz. Die Ehe der beiden galt in den ersten Jahren als glücklich, obwohl Stephanie in ihren Memoiren ganz andere Seiten anklingen läßt. Vor allem ihre Hochzeitsnacht muß für die junge Frau ein Fiasko gewesen sein und sie erklärte später, sie dachte, sie müsse sterben. Rudolf, als erfahrener Mann war wohl alles andere als feinfühlig und seine Frau war in erster Linie dazu da, Kinder zu gebären, vorzugsweise Söhne, damit die Erbfolge gesichert war.
Nach der Hochzeit verbrachte das junge Paar zunächst einige Zeit auf Reisen und lebte dann in Prag. In dieser Zeit widmete sich Rudolf voller Elan seinen wissenschaftlichen Forschungen und die beiden führten ein ruhiges Leben.
Am 2. September 1883 kam das einzige Kind des Paares, Elisabeth, die spätere "rote Erzherzogin" zur Welt.
Der erhoffte Thronfolger blieb weiterhin aus, was darauf zurückzuführen war, dass Rudolf, auch in der Anfangszeit seiner Ehe seine vielen Affären wieder aufnahm und sich bei einer seiner Liebschaften mit einer Geschlechtskrankheit infizierte, seine Frau ansteckte und sie dadurch unfruchtbar machte. Es wurde zunächst gerätselt, ob es sich bei der Krankheit um Gonorrhoe oder Syphilis handelte. Ich bin der Meinung, dass es sich um Gonorrhoe handelte, da Stephanie sehr alt wurde, sie starb erst 1945, und nie Anzeichen einer syphillitischen Erkrankung zeigte.
Stephanie, der man versucht hatte, die Krankheit als Bauchfellentzündung einzureden, kam natürlich mit der Zeit der wahren Erkrankung auf die Spur und war, da sie unfruchtbar war, wütend, frustriert und mit der Zeit, haßte sie ihren Mann, der an ihrem Unvermögen, weitere Kinder zu gebären, schuld war. Man macht sie verantwortlich dafür, dass sie noch keinem Sohn das Leben geschenkt hatte, ihrer eigentlichen Aufgabe nicht nachgekommen war!
Im Frühsommer 1887 lernte sie den Grafen Potocki kennen, mit dem sie eine Affaire begann, die von ihrer Schwester Louise, selbst unglücklich verheiratet war, gedeckt wurde. Der Graf starb allerdings schon 1890 und da war die Affaire schon längst vorbei.

Ziehen wir nun also ein Resümee.

Kronprinz Rudolf mußte sich auf jeder Ebene als gescheitert betrachten.

1.) Er konnte seine politischen Ideen nicht, auch nicht in kleinsten Ansätzen, verwirklichen, sondern wurde von seinem Vater nur mit militärischen Aufgaben betraut, die allerdings umfangreich waren.

2.) Auch im privaten Bereich erlitt er ein Fiasko. Seine Frau, schenkte ihm "nur" eine Tochter. Er war enttäuscht darüber, obwohl ein zukünftiger Mann seiner Tochter sehr wohl Anspruch auf den Thron hätte erheben können.

3.) Seine Gesundheit ruinierte er völlig. Ein Husten, er an und für sich auskurierbar gewesen wäre, wurde mit Morphium behandelt, da er sich auf einer wichtigen Reise befand. Morphium wurde damals als Medizin von Ärzten verordnet. Rudolf bekam, als der Husten ausgeheilt war, natürlich kein Morphium mehr, aber sein Kammerdiener und Vertrauter Loschek besorgte es für ihn auf Umwegen. Dazu kam der Genuß einer Mischung von Champagner und Cognac.
Eine Geschlechtserkrankung, die damals nicht heilbar war, kam dazu. Er hätte sie aber vermeiden können, denn seit 1870 gab es serienmäßig hergestellte Kondome.

Rudolf war in einem Kreislauf geraten, aus dem er sich nicht mehr befreien konnte oder auch wollte.

Daraus entwickelte sich, eine latente Abneigung war ohnehin schon lange vorhanden, der Haß auf Wilhelm II. 
Dieser hatte, nach Rudolfs Meinung, alles, was sich ein Mensche wünschen konnte.
Er war deutscher Kaiser. Rudolf bedachte aber nicht, dass Wilhelm, als konstitutioneller Monarch eine föderalistischen Staates an die Verfassung gebunden war.
Deswegen heißt es auch "Deutscher Kaiser" und nicht "Kaiser von Deutschland".
Wilhelm war Kaiser eines Landes, dass in jeder Hinsicht prosperierte, vor allem im wirtschaftlichen Bereich und zu einem ungeahnten Höhenflug ansetzte.

Wilhelm schien auch im privaten Bereich vom Glück begünstigt. Er hatte eine treue Frau, die sich vorbildlich um ihre wachsende Kinderschar kümmerte und nur Söhne auf die Welt brachte. 

Rudolf betrachtete sein Leben als gescheitert und der Erfolg Wilhelm II., und natürlich auch der Erfolg seiner Vorgänger sowie Bismarcks, mögen einige der Gründe sein, die zu seinem Selbstmord führten.

Wilhelm II. bedauerte den Tod Rudolfs und gab seinem Onkel, Edward VII., er war für seinen lockeren Lebenswandel berüchtigt, eine beträchtliche Mitschuld an der späteren Entwicklung Rudolfs, da ihn dieser zu diesem lockeren Lebenswandel verführt hatte. Persönlich, auch in seinen späteren Erinnerungen, verlor Wilhelm kein böses Wort über Rudolf.

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