Die Autoren
Frank-Rainer Schurich, Jahrgang 1947, lehrte als ordentlicher Professor für Kriminalistik an der Humboldt-Universität zu Berlin; seit 1994 ist er freier Autor. Um die Verbindung zur Praxis nicht zu verlieren, arbeitete er regelmäßig bei der Berliner Kripo. Er legte zahlreiche Publikationen vor, darunter "Mein Name ist Hase", " Kuriositätenlexikon der Kriminalgeschichte" und "Die Tote von Wandlitz".
Michael Stricker ist Diplom-Kriminologe, mehr konnte ich leider nicht finden.
Klappentext
Der Wald ist stets die Heimstatt seines mörderischen Treibens. Der reisende Uhrmacher Adolf Seefeld ist von eher unauffälliger Erscheinung. Ein Hausierer, wie es zur Zeit der Weimarer Republik und des nachfolgend aufflammenden Nationalsozialismus viele gibt. Er besitzt jedoch die Gabe, Jungen im Kindesalter für sich zu vereinnahmen. Sie schenken ihm schnell ihr Vertrauen, nennen ihn liebevoll Onkel Tick-Tack, und schon bald geht in Schwerin die Angst um.
Dem Schweriner Staatsanwalt Beusch fällt eine Häufung ungeklärter Vermisstenfälle und aufgefundener Kindesleichen ohne erkennbare Gewalteinwirkung auf: Rostock, Wittenberge, Ludwigslust, Lübeck. Er nimmt Kontakt mit Berlin auf - auch hier ähnliche Fälle in Oranienburg, Brandenburg, Potsdam und Neuruppin. Steckt hinter den "natürlichen Todesfällen" möglicherweise eine Mordserie?
Mit dem legendären Berliner Kriminalisten Ernst Gennat übernimmt schließlich ein für Seefeld gefährlicher Gegner den Fall. Gennats kriminalistisches Gespür und psychologisches Geschick werden selbst vom FBI gerühmt. Es wird eng für den reisenden Uhrmacher und Serienmörder.
Meine Meinung
Wie bereits erwähnt: ich habe die "Bekanntschaft" des Herrn schon vor vielen Jahren gemacht, als ich die Buchreihe "Neuer Pitaval" von Mostar/Stemmle, in diesem Fall den Band "Sexualverbrechen" gelesen hatte.
Umso neugieriger wurde ich auf das Buch, da Seefeld, neben Haarmann, Kürten, Denke, Orgozow und Großmann einer der schlimmsten Serien- und Kindermörder deutschen Kriminalgeschichte gewesen ist. Die Zahl der von ihm getöten Kinder schätzt man heute im dreistelligen Bereich, da er neben den oben genannten Orte auch im Raum Aachen, Schlesien und Süddeutschland unterwegs gewesen ist. Aber scheint verschwunden, in der Ferne versunken zu sein, genauso, wie er immer wieder in den damals noch weiten Wäldern verschwand.
Das Buch bietet einen erzählerisch dichten Einstieg, so dass es dem Leser nicht schwer fällt, sich mit auf die Spuren und nachfolgenden Ermittlungen zu begeben. Man leidet mit den Eltern, sitzt mit Beusch, Lobbes und dem genialen Gennat im Berliner Kriminalbüro am "Alex". Gennat hat Anfang der 20iger Jahre begonnen, die Polizeiarbeit zur reformieren. Alles, was zu den Grundlagen im Polizeiunterricht gehört, hat Gennat auf die Wege gebracht. Und sein Traum war es, eine zentrale Polizeibehörde zu schaffen, wie heute das BKA. Er legte die erste deutschlandweite Mordkartei an, die auch eifrig genutzt wurde.
Dank der Zusammenarbeit der genannten drei Herren, und der aufmerksamen Mithilfe der Bevölkerung, gelingt es den reisenden, harmlos wirkenden Uhrmacher zu fassen. Seefeld hatte nämlich einen entscheidenden Fehler begangen: statt, z.B., in Berlin unterzutauchen, versucht er dies auf dem Land und dort ist die Aufmerksamkeit der Bewohner sehr hoch. Seefeld wird der Polizei gemeldet und gefaßt. Schnell wird klar, dass es sich dabei um eine Früchtchen der besonderen Art handelt. Vorstrafen, Gefängnisstrafen und Aufenthalte im Irrenhaus. Er stellt sich dumm, ohne Gedächtnis, ist aber mit allen Wassern gewaschen, denn er hat, z.B., seinen Kunden immer wieder erzählt, dass er als Uhrmacher reisen müsse, um Geld zu verdienen. Ihm sei nämlich sein Geschäft in Hamburg abgebrannt und seine Frau mit dem restlichen Geld und einem Liebhaber weggelaufen - von wegen! Er hat eigentlich Schlosser gelernt und die Uhrmacherei im Gefängnis.
Auf die Frage, wie er das Gift produziert hat, gibt er an, Chloroform hergestellt zu haben. Das habe er in einem alten Chemiebuch im Gefängnis gelesen und sich, samt den nötigen Zutaten, gemerkt. Die Zutaten für die Herstellung hat er sich in verschiedenen Geschäften gekauft die "Geräte" für die Herstellung des Narkotikums auf Müllplätzen.
Wissenswertes zu Chloroform, dass alles andere als harmlos ist.
Chloroform war lange Zeit ein wichtiges Narkosemittel. Es löst sich in organischen Lösungsmitteln gut, die Flüssigkeit brennt nicht, es riecht süßlich und ist schwerer als Wasser. Chloroform zersetzt sich beim Einwirken von Sonnenlicht und Luftsauerstoff zu Chlorwasserstoff und dem äußerst giftigem Phosgen. Wegen dieser gefährlichen Zersetzungseigenschaft wird Chloroform in braunen Glasflaschen und möglichst in Dunkelheit gelagert.
Seefeld hingegen bewahrte das Narkotikum in einer normalen Glasflasche auf und hatte es zudem mit Pfefferminze versetzt.
Chloroform wirkt bei Verschlucken oder Inhalation narkotisch. Bei größeren eingenommenen Mengen kommt es zur Atemlähmung und später zum Tod.
Seefeld sagte ja auch aus, dass die Jungen müde wurden, sie fröstelten und einschliefen.
Seefeld hatte nicht nur den Spitznamen "Onkel Tick-Tack", sondern auch "Sandmann".
Seefeld gab zu, dass er die Jungen betäuben wollte, um sich an ihnen sexuell vergehen zu können. In der Vergangenheit hätte nämlich die Zeugenaussagen dazu geführt, dass er entweder ins Gefängnis oder ins Irrenhaus mußte. Das wollte er damit verhindern. Im übrigen konnten ihm nur die letzten zehn Morde nachgewiesen werden. Ein Insasse eines anderen Gefängnisses gab aber an, nachdem er einen Selbstmordversuch überlebt hatte, Seefeld gekannt zu haben. Er sei mit ihm zusammen in einem anderen Gefängnis eingesessen und Seefeld habe ihm von seinen Taten berichtet und ihn dazu verführen wollen, das Gleiche zu tun.
Das Buch bietet neben vielen Informationen, wie die Entwicklung der Kriminalarbeit unter Gennat, die wachsende Bedeutung der Suchunde, außedem viele Fotos, wie etwas den Opfern, eines Fahndungsplakats oder Seefelds.
Ein Buch, das ich dem kriminalistische interessierte Leser nur empfehlen kann, von fünf möglichen Sternen fünf Sterne!
Zusatz:
Das ist Schimmel, der damals weltbeste Such- oder Fährtenhund. Seinem Einsatz war die Auffindung mehrer getöteter Knaben zu verdanken:
http://www.pnn.de/fm/61/thumbnails/h...pg.6966591.jpg
Adolf Seefeld, auch Onkel "Tick Tack" oder "Sandmann genannt:
http://img.svz.de/img/mecklenburg-ma...1454081561.jpg
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen