Mittwoch, 6. August 2014

Eine kleine Katze namens Reza - Fortsetzung 11

Einen verschlafenen guten Morgen,

nachdem gestern Nacht die Fußballfans meinen "Berg" in eine wahre Fanmeile verwandelt haben, mit hupen, singen und was sonst noch so dazu gehört, konnte ich kein Auge richtig zu tun. Nicht dass Fußball nicht mag, im Gegenteil! Meine Halter haben noch vor Beginn der EM einen neuen Fernseher gekauft, das hatte aber mit der EM nichts zu tun, das alte Ding hatte einfach seinen Geist aufgegeben, und so kann ich noch besser als früher zuschauen. Mit der Größe und der Bildqualität des Geräts bin sozusagen live auf dem Rasen dabei und ich hätte nicht übel Lust wirklich dabei zu sein.
Soviel dazu und bevor ich wieder einschlafe, möchte ich eine weitere Geschichte aus meinem Leben erzählen.
Mein Bruder und ich wohnten nun also schon längere in der viel größeren Wohnung mit den vielen Treppen und noch mehr Platz. Aber wie es so ist: wenn man etwas Kleines geben etwas Größeres tauscht, in dem Fall die Wohnung, kann man leicht übermütig werden. Mein Bruder und ich wurden das, in besonders schlimmer Form. Hatten wir früher nur zwei Fenster und einen Balkon, es hatte uns genügt und der Platz in geschwisterlicher Art geteilt, so stritten wir jetzt um jeden Fensterplatz. Knurrten, fauchten, rauften. Auch das gemütlich-große Sofa mit den vielen Kissen entwickelte sich zu einer regelrechten Arena. Wir neideten uns alles: Platz, Futter, Leckerli. 
Im Nachhinein betrachtet, war das für unsere Halterin Lizzy eine üble Zeit und sie sprach immer öfters mit ihrer Mama darüber, einen von uns beiden wegzugeben.
Aber Lizzys Mama hatte kein Ohr dafür, denn sie machte sich große Sorgen um ihren Kater Mucki, mit dem es trotz Pflege und Medikamenten, die er wegen seiner Diabetes gespritzt bekam, immer schlechter ging. Wenn immer in dieser Zeit Lizzys Mama zu Besuch kam, setzte ich mich auf ihren Schoß und schmiegte mich in ihren Arm, weil ich spürte, dass es ihr einfach schlecht ging, obwohl sie es nicht zeigen wollte. Ich genoß die vielen Streicheleinheiten, die ich bekam, das tat mir richtig gut. Wenn schon ich die Katze sein sollte, die wegegeben werden sollte, ich wußte das, denn Micki war Lizzys Liebling, dann wollte ich zu Lizzys Mama und sonst nirgends anders hin!
An einem Abend, Anfang November, kam Lizzys Mama wieder zu uns. Sie hatte rot verweinte Augen und erzählte Lizzy, das sie ihren lieben Kater Mucki am Vormittag zum Tierarzt gefahren und ihn einschläfern gelassen hatte. Schluckend erzählte sie, das Mucki nichts mehr trinken und essen konnte, nicht einmal seine geliebte Katzenmilch. Wie der Tierarzt ihn aus dem Korb gehoben hatte und ihn, bevor die Überdosis gespritzt wurde, zuerst nakotisiert hatte und Lizzys Mama war dabei gewesen, weil sie ihrem lieben Katzenfreund, der sie so lange begleitet hatte, diesen letzten Dienst erwiesen hatte. 
Wie ich diesen Tierarzt, diesen Bart, in diesem Moment haßte, der Lizzys Mama soviel Schmerz bereitet hatte. Warte nur, dachte ich, Freundchen, wenn ich wieder zu dir kommen muß, aber dann! 
Jetzt aber hüpfte ich auf den Schoß von Lizzys Mama, schnurrte, gurrte, schmiegte mich an. Zuletzt saß ich triumphierend im Arm und meine Augen funkelten: sie würde mein Mensch werden, das wußte ich ganz genau. 
Und zu lachen gab es an diesem traurigen Abend doch noch etwas: ich war ab dem Zeitpunkt Ernst Stavros Blofelds Katze. Wer, zum Teufel, war Ernst Stavros Blofeld? Bis mir einfiel, dass das so ein kahlköpfiger Fiesling aus einem James-Bond-Film war. Lizzys Mama und dieser Blofeld....ein komischer Vergleich! Aber es ging ja darum, dass ich genauso auf dem Arm saß, wie eben seine Katze.

Etwa zwei Wochen später, Lizzys Mama war wieder einmal zu Besuch, fragte Lizzy ganz vorsichtig, ob am Berg im "High Society Castle", nicht ein Plätzchen für mich wäre.Ich spitzte die Ohren: he, es ging um mich und wo ich womöglich in Zukunft leben würde! Also stand ich von meinem Platz auf der Ofenbank auf, tänzelte herbei und sah mit leuchtenden Augen Lizzys Mama an. Sie sah mich an und da wußte ich schon, dass ich gewonnen hatte! Sie sagte zwar zu Lizzy, dass sie noch mit ihrem Mann reden müsse, weil beide eigentlich keine Katze mehr gewollt hatten, aber sie morgen Bescheid sagen würde. Es wurde ein bischen eine unruhige Nacht für mich...
Als am anderen Abend das Telefon läutete, wurde ich aus meiner Anspannung erlöst. Ja, alles sei in Ordnung, wir würden in 14 Tagen zum Tierarzt (schon wieder dieser Bart!) gehen, die nötigen Impfungen, die ohnehin fällig waren, noch erledigen lassen und dann...ja dann würde ich umziehen! Platz und Menschen für mich alleine! Juhu, kein Futter mehr teilen müssen, keine Rauferei und vor allem: Lizzys Mama, zu er ich eigentlich schon immer gewollt hatte....Wunscherfüllung!
So, das war für heute wieder eine kleine Geschichte aus meinem Leben. Ein kurzer Blick noch auf die Geschichte, die ich meiner Halterin ins Ohr geschnurrt habe. Mein Platz ist jetzt der Erker, schön sonnig und durchlüftet.
Euch allen noch einen erholsamen Tag, bis zum nächsten Mal,
Eure Reza!

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