Der Exkurs über das Sterbebild führt mich zum, in der Zeit in Waidhofen als Pfarrer tätigen,Michael Haas.
Dazu ein kurzer Lebenslauf:
* 01.02.1877 in Ammersberg
20.07.1901 Priesterweihe
19.08.1901 Kaplan in Kaisheim
20.05.1902 Kaplan in Thannhausen
26.01.1903 Stadtkaplan in St. Georg, Augsburg
10.05.1906 Pfarrer in Döpishofen
11.08.1910 Pfarrer in Waidhofen ( mit den Orten Gröbern und Laag)
27.02.1930 Pfarrer in St. Josef, Augsburg
+ 14.06.1933 in Augsburg
Der Lebenslauf des Pfarrers weist keinerlei Ungewöhnlichkeiten auf, sondern entspricht dem durchaus üblichen beruflichen Werdegang eines Priesters.
Auch in der Personalakte des Pfarrers, sollte sie überhaupt noch vorhanden und zugänglich sein, dürfte sich nichts Außergewöhnliches finden.
In einer Personalakte finden sich, genauso wie in jeder Firma oder dem öffentlichen Dienst, Beurteilungen der Vorgesetzten, in kirchlichem Dienst z.B. über Predigtinhalte, und Zeugnisse (Ausbildung, Lehrgänge, Studium). In kirchlichem Dienst können noch Bemerkungen über moralisches Fehlverhalten enthalten sein.
Pfarrer Haas war in seiner Gemeinde Waidhofen sicherlich gut angesehen, gehörte doch der Pfarrer zu den, neben, z.B. dem Bürgermeister, wichtigsten Personen des Ortes. Jedenfalls schenkten ihm die Bürger zu seinem silbernen Priesterjubiläum 1926 eine Glocke.
Angeblich fand Pfarrer Haas Mitte März 700 Goldmark im Beichtstuhl in der Kirche Waidhofen. Weder Datum noch Sachverhalt gilt als gesichert. Sollten die Bücher, also die Buchführung, von Waidhofen noch vorhanden sein, müsste die Spende eingetragen worden sein.
Es war damals, wie heute, Pflicht, Geldeingänge in der Pfarrei zu verzeichnen, sei es Gebühren, wie etwa eine Taufe, oder Spenden. Das Geld wurde zum Teil selbst behalten, z.B. für Renovierungen oder Ausstattung der Kirche, ein Teil an die Diözese abgeführt.
Anmerkung: der Pfarrer von Rennes-les-Chateau stolperte Ende des 19. Jahrhunderts über eine solche „Spendenaffäire“. Er unterschlug Spenden und Gelder für Seelenmessen und steckte sie in die eigene Tasche, bzw. stattete die örtliche Kirche nach seinem Geschmack aus. Die dort aufgestellten Figuren waren, entgegen aller Mysterien, die in ihnen gesehen wurden, bei einer Firma per Katalog bestellbar. Jedenfalls wurde seine Kirchenleitung durch Anzeigen von Spendern auf ihn aufmerksam und sie überprüften die Angelegenheit. Ergebnis: er veruntreute Gelder und wurde aus dem Kirchendienst entlassen. Er führte aber, da er über genügend Geld verfügte, noch ein ruhiges Leben.
Pfarrer Haas beerdigte am 08.04.1922 die Opfer von Hinterkaifeck und hielt vor mehr als 1000 Trauernden eine ergreifende Predigt, welche die Geschichte von Kain und Abel zum Thema hatte.
Pfarrer Haas meinte, den Mörder müsse man unter den Anwesenden suchen und 1931 äußerte er, der Mörder von Hinterkaifeck sei wohl nicht mehr am Leben, berief sich aber auf das Beichtgeheimnis.
Wer mehr über Pfarrer Haas lesen möchte: Suche ? Das Hinterkaifeck-Wiki
Zum Beichtgeheimnis gibt es Folgendes zu sagen:
Kirchenrecht
Das Beichtgeheimnis ist im kanonischen Recht fest verankert ("Das Beichtgeheimnis ist unverletzlich", can. 983 §1 CIC) und die direkte Verletzung desselben wird mit Exkommunikation bestraft (can. 1388 CIC).
Es wurde aber auch schon zuvor in der Kirche anerkannt und gilt somit rechtsgeschichtlich als eine der ältesten Datenschutzvorschriften. Es bindet den Beichtvater und "falls beteiligt, den Dolmetscher und alle anderen ..., die auf irgendeine Weise aus der Beichte zur Kenntnis von Sünden gelangt sind" (can. 983 §2 CIC).
Dabei ist es unerheblich, ob die Beichte durch die Absolution "erfolgreich" beendet wird.Der evangelische Geistliche hat ebenfalls das in den Pfarrdienstgesetzen der Landeskirchen geregelte Beichtgeheimnis zu beachten.
Es ist gegenüber jedermann „unverbrüchlich“, selbst eine Entbindung durch den Betroffenen ist daher, anders als beim davon zu unterscheidenden Seelsorgegeheimnis, nicht möglich.
Daneben existiert im Bereich der Kirchenverwaltung die „Amtsverschwiegenheit“, von der durch die vorgesetzte Kirchenbehörde entbunden werden kann.
Zeugnisverweigerungsrecht
Sowohl im deutschen Zivil- als im Strafprozess sind Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei Ausübung der Seelsorge anvertraut ist, zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt.
Für den Strafprozess folgt dies aus §53 Absatz 1 Nr. 1 der Strafprozessordnung, für den Zivilprozess aus §383 Absatz 1 Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Entgegen dem Wortlaut des §385 Absatz 2 ZPO verpflichtet selbst eine (kirchenrechtlich meist unwirksame, s.o.) „Entbindung“ nicht zum Zeugnis.
Für die römisch-katholische Kirche ergibt sich das aus Artikel 9 des Reichskonkordats und für andere Religionsgemeinschaften aus dem Gleichheitsgrundsatz.
Wer Geistlicher in diesem Sinne ist, bestimmt sich nicht nach einem bestimmten Status (Priesterweihe, Ordination), sondern nach der Funktion, zur Seelsorge berufen zu sein.
Auch Pastoralreferenten, nicht-ordinierte Seelsorger, Gemeindediakone usw. kommen deshalb als Inhaber des Aussageverweigerungsrechts in Frage.
Für Geistliche besteht gem. §139 Abs. 2 Strafgesetzbuch auch keine Anzeigepflicht, selbst wenn sie in ihrer Eigenschaft als Seelsorger von dem Vorhaben eines Hochverrats, Landesverrats, Münzverbrechens, Mordes, Totschlages, Raubes, Menschenraubes oder eines gemeingefährlichen Verbrechens glaubhaft Kenntnis erhalten.
Damit nimmt das staatliche Recht auf den Gewissenskonflikt des Geistlichen und die Glaubwürdigkeit der betroffenen Religionsgemeinschaft Rücksicht.
Angeblich war ein Brief des Vatikans an Pfarrer Haas unterwegs, in dem er die Erlaubnis erhielt, das Beichtgeheimnis zu brechen. Im Hinblick auf den vorherigen Absatz eigentlich nicht möglich.
Man kann im Hinblick auf den Inhalt des Briefes nur spekulieren: es gibt aber immerhin die Möglichkeit, dass es ein scharfer Verweis der obersten Kirchenbehörde war, die Rederei in der Hinsicht auf den/die Mörder von Hinterkaifeck zu unterlassen. Es wäre damit das Beichtgeheimnis gefährdet, das Vertrauen der Kirchgänger gerade in Hinsicht auf Pfarrer Haas untergraben gewesen: Androhung der Exkommunikation und der damit verbundenen fristlosen Entlassung aus dem Kirchendienst.
Meiner persönlichen Meinung nach wusste Pfarrer Haas nichts, sondern beteiligte sich, leichtsinnigerweise, an den Mutmaßungen der ländlichen Bevölkerung und hat sich, in einem gewissen Grad, auch interessant gemacht.
Und passt eine Beichte, die mit keinerlei Absolution verbunden gewesen wäre, zu Tätern, die eine ganze Familie brutal auslöschen? Ist es vorstellbar, dass die Täter oder einer der Täter, eine solche Tat, die das Gewissen nicht ruhen lässt, nur beichtet, ohne Aussicht auf Absolution, sich dann aber nicht der Polizei stellt, um die Verantwortung zu übernehmen? Nein!
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