Ein interessanter Fund im Zusammenhang mit dem Mord ist das Sterbebildchen.
Allgemein wissenswertes:
Sterbebildchen wurden seit dem 17. Jahrhundert verfasst, um Todesnachrichten zu verbreiten und um die Erinnerung an den Verstorbenen aufrecht zu halten.
Neben den faktischen Informationen wie Name, Geburts- und Todesdatum des Verstorbenen, Familienstand usw. enthielt das Sterbebild meist auch Illustrationen von Bibelszenen oder Darstellungen von Schutzengeln oder -heiligen.
Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden zunehmend Fotografien des Verstorbenen in das Sterbebild aufgenommen.
Fundort des Sterbildchens
Dieses Sterbebild ist v.a. wegen der handschriftlichen Notizen darauf interessant. Es stammt aus dem Besitz von Stefan Rosenmeier aus Hagelstadt und wurde wegen seinem Fundort als "Hagelstädter Sterbebild" bekannt.
Es wurde Rosenmeiers Vater vom ehemaliger Mesner geschenkt, der es beim Abriß der alten Sakristei der Kirche in einem Kirchenbuch fand.
Hagelstadt liegt 20km südlich von Regensburg und ist etwa 100 km von Hinterkaifeck entfernt. Wie das Bildchen nach Hagelstadt kam, ist ungeklärt.
Es war aber damals so, dass Menschen von weiter weg zu einer Beerdigung kamen, auch wenn sie nicht zur Trauerfamilie gehörten. Bei der Beerdigung der Opfer von Hinterkaifeck waren etwa 1000 Menschen anwesend…die Neugierde war damals nicht kleiner als heute!
Gedanken zum Sterbebildchen
a) für mich sind die Worte wie folgt zu lesen (ich kann die alte Schrift noch einigermaßen lesen, leider nicht schreiben, schade) : neidisch, räuberisch, in der ganzen Umgegend verachtet, wg. Unsittlichkeit 1 Jahr, Blutschande, Strafe Gottes
b) Das Kürzel "wg." kann man tatsächlich für Steno halten, aber ich denke, dass hier einfach nicht genug Platz war, das Wort auszuschreiben und außerdem war der weitere Text wichtiger.
Nebenbei: früher kürzte man Worte auch ab. Ich habe zu Hause ein altes Andenken an Altötting, dass die Besitzerin/der Besitzer auch beschriftet hat. Dabei finden sich zwei abgekürzte Worte: heilige und feierlich.
Der Gesamtext lautet: Erinnerung an die hl. feierl. Profeß von Sr. (abgekürzt von Schwester, auch heute noch üblich (Rest fast unleserlich, da das Andenken nur klein ist (Breite: 3,5 cm, Höhe: 9,5 cm)
c) Ich habe noch nirgends gehört, dass Menschen ein Sterbebild, ein Wallfahrtsandenken, ein Heiligenbild beschriften, ohne dass sie in irgendeiner Beziehung zu der Person gestanden hätten.
Privat sammle ich diese alten Bildchen und drei davon sind beschriftet. Einmal: "Das einzige Andenken an meine Mutter", "Erinnerung an die hl. feierl. Profeß der Sr. ...."
und ein Geburtsdatum des Verstorbenen, das offensichtlich vergessen wurde.
d) Der Besitzer des Sterbebilds muß den älteren Erwachsenen, nicht den Kindern oder der Magd, außerordenlich negativ gegenüber gestanden haben, das ist nicht nur ein einfaches "dem Herzen Luft machen".
Der Zusatz "Mein Jesus, Barmherzigkeit" ist mit den Worten "Strafe Gottes" überschrieben worden. Dazu ist folgendes wissenswert: Pius X. erlaubte 1857 einen Ablaß von jedesmal 300 Tagen, wenn ein Gebet mit diesem Stoßseufzer beschlossen wurde. Dieser Ablaß konnte für sich selbst,gewonnen werden, beim Gebet für Verstorbene kam er ihnen zugute, d.h. 300 Tage weniger im Fegefeuer. Es gab noch mehr solcher Stoßseufzer, z.B. "Süßes Herz Mariä, sei meine Rettung (300 Tage Ablaß).
Auch wichtig: wer stirbt und mit seinen letzten Worten "Jesus" oder "Mein Jesus, Barmherzigkeit" sagt, muß nicht in die Hölle, sonder "nur" ins Fegfeuer.
Der Verfasser der Worte "Strafe Gottes" wünscht ihnen also die Hölle, weder Gnade, noch Barmherzigkeit, noch Vergebung, sondern ewig währende Strafe.
Hier kann man das Sterbebildchen betrachten:
http://www.google.de/imgres?sa=X&biw...ed=0CFcQrQMwAA
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