Samstag, 5. August 2017

Der Fall Hinterkaifeck - Teil 24

Die Einwohnerwehren waren militärisch organisiert, es gab Obmänner und Ortsführer, und es wurden vielfach Übungen abgehalten. Diese Schießübungen wurden als Preisschießen getarnt und man hielt danach Zusammenkünfte in den Wirtschaften ab.
Außerdem mußte ein Einwohnerwehrmann nicht unbedingt aktiv sein, es genügte, wenn er unregistrierte Waffen, wie etwa Gewehre, Maschinengewehre und Munition versteckte.
Diese konnten relativ gefahrlos transportiert werden, da Waren, z.B. Stroh, an Kunden geliefert wurden. Oder es wurde Mist ausgefahren....
Wollte man sich verständigen, so tat man, als ginge man am Werktag herum, um eine Handelsschaft oder Geschäft auszumachen. Man fiel ja nicht auf und kannte notfalls Wege, um sich ungesehen bewegen zu können. 
Es kam der Kapp-Putsch und der offene Bürgerkrieg begann. Der Ministerpräsident Bayerns setzte sich mit den Spitzen der Einwohnerwehr in Verbindung, da die derzeitig verfügbaren Kräfte der Reichswehr angeblich zu gering waren, um die Unruhen niederzuschlagen. Die Waffen und Munition wurden aus den Verstecken geholt und und die Wehrmänner-Formationen zogen aus. Man lieferte sich Gefechte und zum Schluß hieß es, nachdem die Unruhen blutig niedergeschlagen waren, dass Reichswehr und Landfahne, also die Einwohnerwehr, tadellos zusammengearbeitet hätten.

So, und nun zurück zu Hinterkaifeck.

Der Bauer Lorenz Schlittenbauer wurde immer als Ortsbauernführer bezeichnet, eine Bezeichnung, die aber zur Zeit des Mordes, also 1922, völlig unrichtig ist.
Der Ortsbauernführer (OBF) war in der Zeit des Nationalsozialismus, also ab 1933, der Leiter der kleinsten beziehungsweise untersten Einheit im Aufbau des Reichsnährstandes. Er vertrat somit die "Ortsbauernschaft", in der Regel ein Dorf oder eine Gemeinde, in der er selbst ansässig war.
In der Zeit vor 1933 war er mit Sicherheit Obmann oder Ortsführer der Einwohnerwehr. Wie bereits im vorherigen Artikel erwähnt, unterstützte die bayrische Regierung ihre Bauern mit Geld und da man nicht gut annehmen kann, dass man jeden Bauern selbst besuchte, wurde die Verteilung des Geldes, und natürlich auch der Waffen, von einem vertrauenswürdigen Mann vorgenommen. In diesem Fall war dieser Mann wahrscheinlich Lorenz Schlittenbauer, der selbst gedient hatte, zwar als dienstunfähig, wegen seiner Krankheiten, eingestuft und 1915 entlassen, aber wohl ein hilfsbereiter und verläßlicher Mann war. Vom Bürgermeister von Wangen wurde ihm das beste Leumundszeugnis ausgestellt.

Da das Vermögen der Familie Gruber/Gabriel aus 100.000 Mark geschätzt wurde und dazu gehörte auch ein beträchtlicher Betrag Barvermögen. Schlittenbauer sprach in den Vernehmungen auch immer über einen hohen Geldbetrag, den die Hinterkaifecker in ihrem Besitz hatten.
Das brachte Schlittenbauer in dringenden Tatverdacht, den er aber entkräften konnte. Auch bis heute wurde immer wieder gerätselt, wie er denn über die Bargeldverhältnisse so gut Bescheid wissen konnte. Als Obmann der Einwohnerwehr, der die Umverteilung der Regierungsgelder vornahm, wußte er natürlich darüber bestens Bescheid.
Das erklärt auch, warum er Viktoria Gabriel gerne geheiratet hätte - Geld zu Geld! Dass die Bäuerin zudem ein zusätzliche Arbeitskraft war, steht außer Frage. Dass sie schwanger von ihm war, umso besser, denn die Keuschheit ist keine Erfindung des ländlichen Menschen, sondern des bürgerlichen Städters. Ihre Fruchtbarkeit stellt weitere Kinder in Aussicht, die natürlich auch so bald als möglich am Hof mitarbeiten mußten.
Liebe spielte da wohl weniger oder gar keine Rolle. Das Vermögen und damit das Ansehen zu vermehren, das war das Ziel!
Der Bauer war, und da machte Schlittenbauer wohl keine Ausnahme, ein nüchterner, kühl rechnender Geschäftspraktiker, der immer zuerst den Vorteil suchte.
Schlittenbauer hätte ein Mord an den Hinterkaifeckern keinerlei Gewinn oder Zuwachs, wie bei einer Heirat, gebracht und was das Motiv Inzest angeht, da hätte an wohl halbe Dörfer ausrotten müssen, es ist kein wirkliches Motiv.

Der Fall Hinterkaifeck - Teil 23

Um das Ergebnis meines Fazits nachvollziehen zu können, ist es nötig, einen weiteren geschichtlichen Exkurs einzufügen.
Wie geschichtlich hinlänglich bekannt, zählte das deutsche Kaiserreich zu den Verlierern des I. Weltkriegs. Die Novemberrevolution von 1918/19 führte in der Endphase des Ersten Weltkrieges zur Abschaffung der Monarchie im Deutschen Reich und zu dessen Umwandlung in eine parlamentarisch-demokratische Republik. Die sog. "Weimarer Republik" wurde am 9. November 1918 von Phillip Scheidemann ausgerufen.
Die Geschichte der Weimarer Republik lässt sich nach der Gründungsphase in drei Abschnitte gliedern. In den Krisenjahren von 1919 bis 1923 hatte die Republik mit den unmittelbaren Kriegsfolgen, einer Hyperinflation sowie zahlreichen Umsturzversuchen und politischen Morden zu kämpfen. In den Jahren von 1924 bis 1929 erlebte sie eine Zeit relativer Stabilität, wirtschaftlicher Erholung sowie außenpolitischer Anerkennung und Wertschätzung. Die Weltwirtschaftskrise ab Ende 1929, die Präsidialkabinette nach dem Bruch der Großen Koalition am 27. März 1930 und der Aufstieg der Nationalsozialisten mündeten schließlich in ihren Untergang.
Doch nun zurück nach Bayern, das Teil des deutsche Kaiserreichs, das ein föderalistischer Staat war. Auch hier kam es unter Kurt Eisner zur sog. "Münchner Novemberrevolution".
Im Verlauf der vom Kieler Matrosenaufstand ausgehenden reichsweiten Novemberrevolution zum Ende des Ersten Weltkrieges war Eisner der führende Kopf der revolutionären Umwälzungen in Bayern, die München noch vor der Reichshauptstadt Berlin erreichten. Eisner führte zusammen mit dem Vertreter des revolutionären Flügels des Bayerischen Bauernbundes, Ludwig Gandorfer, im Anschluss an eine Massenkundgebung auf der Theresienwiese am 7. November 1918 einen stetig größer werdenden Demonstrationszug zuerst zu den Garnisonen Münchens und dann ins Stadtzentrum an, ohne auf nennenswerten Widerstand zu treffen.In der Nacht zum 8. November 1918 rief Eisner in der ersten Sitzung der Arbeiter- und Soldatenräte im Mathäserbräu die Republik Bayern als Freistaat aus (sinngemäß „frei von Monarchie“) und erklärte das herrschende Königshaus der Wittelsbacher für abgesetzt.Eisner wurde vom Münchner Arbeiter- und Soldatenrat zum ersten Ministerpräsidenten der neuen bayerischen Republik gewählt und bildete kurz darauf ein Regierungskabinett aus Mitgliedern der SPD und der USPD, in dem er neben seinem Amt des Regierungschefs auch den Posten des Außenministers einnahm. Am 12. November gab Ludwig III. die Anifer Erklärung ab, die am Folgetag in München veröffentlicht wurde. Er entband die bayerischen Beamten und Soldaten vom Treueid auf den König und stellte damit den Fortgang der Verwaltung sicher.In Eisners rund 100-tägiger Amtszeit als Ministerpräsident Bayerns blieben weitere umstürzende Veränderungen aus, da die Regierung, besonders von den SPD-Ministern, nur als ein Provisorium bis zur angesetzten Landtagswahl betrachtet wurde und zudem verschiedene Vorstellungen über die genauen Strukturen des kommenden Staates zu Konflikten führten. Ein wesentlicher Streitpunkt dabei war die Auseinandersetzung um die Frage der Einführung einer parlamentarischen oder einer Rätedemokratie. Eisner selbst vertrat eine Zwischenposition. Er betrachtete die Räte als eine beratende und kontrollierende Instanz gegenüber einem noch zu wählenden Parlament, wollte ihnen jedoch auf Dauer keine legislative oder exekutive Gewalt übertragen. Die Macht der Räte zu Beginn der Revolution verteidigte er als ein Mittel der Erziehung der Bevölkerung zur Demokratie.
Die Banken sowie die großen Industrie- und Wirtschaftsunternehmen blieben unter der Regierung Eisners unangetastet. Ihre zunächst geplante Sozialisierung wurde aufgeschoben. Die monarchistischen Beamten in Justiz und Bürokratie behielten im Wesentlichen ihre Stellungen und verhielten sich abwartend. Lediglich einige soziale und gesellschaftliche Veränderungen zugunsten der bis dahin eher benachteiligten Bevölkerungsschichten, vor allem der Arbeiter, wurden umgesetzt, etwa durch die Einführung des Achtstundentags und des Frauenwahlrechts sowie durch die Abschaffung der kirchlichen Schulaufsicht. Gleichwohl verprellte Eisner damit die einflussreiche katholische Kirche und das konservative Bürgertum, die ihre Vertretung in der Bayerischen Volkspartei sahen.
Außenpolitisch vertrat Eisner zeitweise separatistische Bestrebungen. Er konnte seine Vorstellungen einer Donauföderation zwischen Österreich, Bayern und der neu ausgerufenen Tschechoslowakischen Republik ebenso wenig durchsetzen wie die Forderung, dass die Weimarer Verfassung erst nach Zustimmung der Länder gültig werden sollte. Beides scheiterte am Widerstand der Reichsregierung.Um die von den alliierten Siegern der Ententemächte postulierte Kriegsschuld des Deutschen Reiches (und damit seiner preußischen Führung in der Person des Kaisers) zu beweisen und dadurch bessere Friedensbedingungen für Bayern zu erreichen, veröffentlichte Eisner die geheimen Gesandtschaftsberichte der bayerischen Regierung. Damit machte er sich die führenden Militärs, die ihm sowieso argwöhnisch bis ablehnend gegenübergestanden hatten, endgültig zum Feind. Auch von vielen reichspatriotisch und nationalistisch gesinnten Bürgern wurde er deswegen als Verräter angesehen, da er in ihren Augen auf diese Weise versucht habe, einen Teil Deutschlands gegen einen anderen auszuspielen. Am 25. November 1918 geriet er deswegen mit der Reichsregierung in Berlin, die – zwischen der Ausrufung der Republik und freien Wahlen – von der SPD unter Friedrich Ebert geführt wurde, in einen offenen Konflikt.
Vor den bayerischen Landtagswahlen am 12. Januar 1919 ging Eisner trotz der zunehmenden Kritik an seinen Maßnahmen davon aus, dass die große Mehrheit der bayerischen Bevölkerung hinter ihm und der USPD stünde, wobei er sich insbesondere hinsichtlich der großen Wählerschicht der Landbevölkerung deutlich irren sollte.
Nachdem die USPD bei den Wahlen mit nur 2,53 Prozent der Stimmen eine unerwartet klare Niederlage hatte hinnehmen müssen, sah sich Eisner Rücktrittsforderungen ausgesetzt, denen er sich aber bis zum ersten Zusammentreten des neuen Landtages widersetzte.
Am 21. Februar 1919 verließ Eisner die Räume des Bayerischen Ministeriums des Äußeren, in denen er letzte Hand an seine Rücktrittsrede gelegt hatte, die er um 10 Uhr im neu konstituierten Bayerischen Landtag verlesen wollte. Auf dem Weg durch die heutige Kardinal-Faulhaber-Straße wurde Eisner vom zu dieser Zeit beurlaubten Leutnant im Königlich Bayerischen Infanterie-Leib-Regiment Anton Graf von Arco auf Valley aus unmittelbarer Nähe mit zwei Schüssen in Rücken und Kopf erschossen.

Soweit der nüchterne geschichtliche Exkurs über eine Zeit die schon sehr weit weg ist und sich mit ihren Unruhen, ja bürgerkriegsähnlichen Zuständen unserer Vorstellung entzieht.
Lassen wir daher einen Zeitzeugen zu Wort kommen. Er berühmte Schriftsteller Oskar Maria Graf schilderte in mehreren seiner Bücher die damalige Zeit minutiös, war er doch selbst vom Land gebürtig und nahm an den revolutionären Bewegungen in München teil, wofür er mehrmals verhaftet wurde. Er erlebte also diese Zeit der Umstürze hautnah mit und erzählte, in unnachahmlicher Weise, begabt mit einem untrüglichen Auge, seine Erlebnisse, Eindrücke und Erkenntnisse.
Er beschreibt den Bauern als den Menschen, dem die Inflation zum Segen wurde, nachdem dieser durch den üppigen Schleichhandel, oder Schwarzhandel, und dem politischen Umsturz gewonnen hatte: ihm ging es damals ausnehmend gut. Die Regierungen hatten nach der Revolution den Bauern sehr weitgehende Zugeständnisse gemacht und so diese für sich gewonnen. Sie sicherten sich damit einen bedeutenden Zuwachs an Macht über die unzufriedenen Massen in den Städten.
Der Bauer entpuppte sich als der instinktsicherste Geschäftspraktiker und stand der Stadt unbarmherzig und feindlich gegenüber. Eines leitete ihn: "Mir geht nichts über mich!".
Er hatte den Segen des eigenen Vorteils scharf erkannt und wurde gierig, wie nie zuvor.
Den Bauern war die Politik im Grunde genommen völlig gleichgültig, sie waren lediglich für Ruhe und Ordnung. Sie waren dafür, weil man ihnen eingebleut hatte: wer daran rüttelt, schädigt euch!
Darum zogen sie als Landfahnen der Einwohnerwehr gegen die revoltierenden Städte und halfen, die verhaßten Räterepubliken vernichten. Jeder Streik, jede Forderung der Arbeiterschaft, jede noch so gerechte Gesetzesvorlage in den Parlamenten, welche auch sie in den staatlichen Pflichtenkreis mit einbezog, stachelte ihre Abneigung gegen alles Städtische an.

Ihre Ruhe sah so aus: jeder versuchte, ohne Rücksicht auf die allgemeine Not, möglichst viel aus seinen Erzeugnissen herauszuholen. Aus den Einnahmen baute man sein Haus aus, vermehrte den Viehbestand, kaufte Elektromotoren, erwarb Sachwerte wie etwa Grammophone, Fahrräder, manche kauften sogar Mietshäuser in der Stadt. Man häufte aus, hamsterte und raffte.

Ihre Ordnung war: Die Regierung kann so gelassen werden. 
Sie hat uns durch ihre Unterstützung mit Geld und Waffen zu einer schlagkräftigen Einwohnerwehr verholfen, weil sie uns gegen die Spartakisten, die Kommunisten und die aufständischen Arbeitermassen gebraucht hat. 

König Ludwig II. Tod - ein vertuschter Kriminalfall? - 3. Teil

In seinen Erinnerungen "Die letzten Tage Ludwigs II." (Süddt. Monatshefte, Jhrg. 1929, Heft 11) schreibt der ehemalige Assistenzarzt Dr.Guddens, Dr. Franz Carl Müller, dass Guddens Uhr

a) um 8:00 Uhr, also 20:00 Uhr stehengeblieben ist

b) Gudden seine Uhr nur sehr selten aufzog

c) Gudden hatte selbst keinen Uhrschlüssel im Besitz 

Ich selbst besitze eine solche Taschenuhr.
Hier Fotos zum besseren Verständnis.





(Uhr und Fotos Besitz Lesekatze)

Foto Nr. 1 zeigt die Uhr mit ihrem Uhrschlüssel.
Er ist unbedingt notwendig, den ohne ihn kann die Uhr weder aufgezogen, noch die Uhrzeit eingestellt werden.
Die kann unter gar keinen Umständen über die Krone und das Federwerk bedient werden, da dies nicht möglich ist.

Foto Nr. 2 zeigt die beiden Uhrlöcher, über welche die Taschenuhr aufgezogen (rechts) und die Uhrzeit eingestellt werden kann (links).

Fragen: 

- Wie hätte Gudden ohne funktionierende Uhr, sie muß unbedingt jeden Tag aufgezogen werden, da sie eine maximale Laufzeit von 24 Stunden hat, um 20:00 Uhr pünktlich zum Souper erscheinen können?

- Oder überhaupt einen geregelten Arbeitstag einhalten können? Er hatte, in seiner Eigenschaft als Direktor der Kreisirrenanstalt München, gewiß Termine u.ä .

Folgerung

Dr. Müller hatte bemerkt, dass die Uhren zu einem sehr unterschiedlichen Zeitpunkt stehengeblieben waren. Der offiziellen Version zufolge kämpften beide Männer aber im Starnberger See miteinander.
Müller, der natürlich Angst hatte, dass dies dem Oberamtsrichter Jehle und anderen Leuten auffallen würde, begründete die unterschiedlichen Uhrzeiten erst mit der Schlamperei Guddens (vergaß aufzuziehen) und dann mit dem fehlenden Uhrenschlüssel.

Die unterschiedliche Uhrzeiten der beiden Uhren, der Zeitunterschied beträgt 1:15 Stunden, ergeben, zusammen mit den dürftigen Begründungen Dr. Müllers, ein erstes starkes erstes Indiz, dass hier versucht wurde, die wahren Abläufe an jenem Abend zu vertuschen.

Dr. Müller gehörte auch zu den Personen, die am Morgen (O7:30 Uhr) des 14. Juni 1886, von Ministerpräsdident Lutz nach München bestellt und vereidigt wurden, niemals über die Vorkommnisse am Abend, bzw. der Nacht vom 13. Juni 1886 zu sprechen.

König Ludwig II. Tod - ein vertuschter Kriminalfall? - 2. Teil

Als erstes will ich auf einen Umstand eingehen, der selbst einem flüchtigen Leser ins Auge springt: die Uhren des Königs und Dr. Guddens.

Eine Tatsache steht fest: der König trug seine goldene Taschenuhr an diesem Tag bei sich, und sie blieb exakt um 6.53 Uhr und 40 Sekunden stehen, nach heutiger Lesar tum um 18.53:40
Die Uhr des Königs war ein besonders edles und teures Stück, denn sie wurde im Schweizer Uhrmacherort Chaux de Fonds gefertigt. Auf dem Deckel wurde die gebläute Silberplatte mit einem doppelten L-Monogramm und Krone graviert. Die Rückseite ziert der Kopf von "Cosa Rara", Ludwigs Lieblingspferd.



Quelle: http://www.landeskunde-online.de/bay...taschenuhr.jpg



Quelle: https://www.welt.de/img/bildergaleri...seine-Zeit.jpg


Oberamtsrichter Jehle hielt im Juni 1886 in seinem Bericht an das Königliche Staatsministerium der Justiz fest, dass die Uhr zwischen Zifferblatt und Glas vollständig mit Wasser gefüllt war. Der Bezirkstechniker Haertinger ergänzte in seinem Schreiben an das Königliche Bezirksamt München II, dass im Innern der Uhr auch Tuffsand zurückgeblieben sei.

Die Uhr wurde später Ludwigs Mutter Marie übergeben und blieb bis 1991 im Besitz des Hauses Wittelsbach, dann wurde sie versteigert. Der neue Besitzer ließ die Uhr restaurieren und stellt sie später für eine Ausstellung zur Verfügung.

Kommen wir nun zur Uhr von Dr. Gudden. Wie seine Uhr aussah oder was für eine Marke sie war, kann ich nicht sagen, es existiert kein Bild davon. Sie scheint verschwunden zu sein und es ist ungeklärt, wohin sie gekommen ist, wahrscheinlich in den Besitz der Familie Gudden. 
Die Uhr findet in den Protokollen auch keinerlei Erwähnung, es gibt nur den Vermerk, dass sie um 8.10:06 Uhr, nach moderner Lesart um 20.10:06Uhr stehengeblieben ist. Kein Bericht, ob sie nur mit Wasser vollgelaufen war oder ob sich auch Sand im Innern befand. Es ist so, als wenn man einfach ein Licht ausgeknipst hätte.

Die beiden Uhrzeiten sagen eines aus: den Eintauchpunkt der Uhren im Wasser.

Folgt man der immer noch offiziellen Lesart, sind der König und Gudden beinahe zeitgleich ins Wasser gegangen. Müßten dann nicht beide Uhren auch annähernd stehengeblieben sein? Nimmt man einen zeitlichen Unterschied von etwa 3 Minuten, dann wäre die Uhr Guddens um 18.57 Uhr stehengeblieben.
So aber existiert ein Zeitunterschied von 1 Stunde und 15 Minuten!

Zunächst versuchte man dies damit zu begründen, dass Gudden ständig vergaß, seine Uhr aufzuziehen. Es wäre quasi seine persönliche Schlamperei gewesen, dass die Uhr stehengeblieben wäre. Dabei wollte er um 8.00 Uhr, 20.00 Uhr, im Schloß zum Souper zurück sein.
Des Königs Uhr wurde am Vormittag von Pfleger Scheller aufgezogen, das Werk konnte somit nicht abgelaufen sein.

Der Autor Wöbking, der im Auftrag des Hauses Wittelsbach den Fall im letzten Jahrhundert, 1986, noch einmal aufrollte, begründete die unterschiedlichen Uhrzeiten damit, dass Guddens Uhr einfach weniger schnell vollgelaufen wäre. Die Uhr hätte somit beinahe 1 Stunde und 15 Minuten gebraucht, um vollzulaufen. Das ist, meiner Meinung nach, schwach argumentiert.
Aber Wöbking war seinerzeit ein pensionierter Richter und Staatsanwalt, kein Ermittler! Wäre er Kriminalbeamter, also Ermittler gewesen, wären ihm die Widersprüche, die reichlich vorhanden sind, sofort aufgefallen.

Ein Versuch mit einer antiken Uhr, zu denen die des Königs und Guddens gehören, haben gezeigt, dass sie nicht einmal mehr 20 Sekunden weiterlaufen, wenn sie ins Wasser getaucht werden. Begründung: die Uhren sind nicht wasserdicht! Es fehlen sämtliche Voraussetzungen, die eine moderne Uhr wasserdicht machen.

Ralf Meertz, Uhrmachermeister und Spezialist für antike Uhren (Meertz World of Time, München), zeigt und erklärt in folgender Doku, wie schnell so eine alte Uhr volläuft:
https://www.youtube.com/watch?v=PDau...skqUU7&index=2
ab 24:05

Ich finde, die unterschiedlichen Eintauchpunkte ins Wasser, belegt durch die stehengebliebenen Uhren, sind ein wichtiges Indiz, dafür, dass hier die offizielle Version des Tathergangs zumindest stark angezweifelt werden muß.