Dienstag, 18. August 2015

Der Fall Hinterkaifeck - Teil 13

Kommen wir nun zu den Spuren, welche die Täter am Tatort hinterlassen hatten und zwar rund um den Hof herum, also im Außenbereich.

Tage vor der Tat entdeckte der alte Gruber eine Münchner TZ am Waldrand. Das ist der erste Hinweis, dass die Täter von außerhalb kamen.
Der alte Gruber bezog lediglich die hiesige Tageszeitung und auf Nachfrage beim Postboten, er stellte die Zeitung zu, ergab sich, dass niemand aus dem Dorf oder der näheren Umgebung die Münchner TZ bezog.
Es wäre auch im Grunde unvorstellbar gewesen, dass sich Bewohner aus der näheren Umgebung, oder dem Dorf, am Waldrand aufgehalten hatten, um dort diese Zeitung zu lesen. Auch Holz- und Waldarbeiter scheiden aus, da diese in diesem Abschnitt des Waldes, er gehörte der Familie Gruber, keine Arbeiten auszuführen hatten. Hamsterer scheiden auch aus, da diese im ländlichen Bereich unterwegs waren, um Lebensmittel, die in der Stadt begrenzt erhältlich waren, in geringem Umfang, natürlich gegen dementsprechendes Geld, zu kaufen. Da wäre eine Zeitung ein überflüssiger Artikel gewesen.
Man darf also annehmen, dass hier einer der Täter Posten bezogen hatte, um den Hof zu beobachten und/oder auf Komplizen wartete. Um sich die Zeit zu verkürzen, las er eben diese Zeitung.

Dazu passen auch die Zigarettenreste, Kippen und Asche, welche die Polizei nach der Auffindung der Leichen ebenfalls am Waldrand entdeckten.

Es gab Fußspuren im Schnee zum Maschinenhaus, die zum Hof hin, aber nicht mehr zurück führten. Das Schloß am Maschinenhaus wies Beschädigungen auf, es war auch gesprengt worden, aber angeblich fehlte nichts. Wer die Aussagen dazu nachlesen möchte, kann das hier tun:
http://www.hinterkaifeck.net/wiki/in...uren_im_Schnee

Lediglich Lorenz Schlittenbauer hatte wohl die Spuren gesehen, da sein Feld an den Hinterkaifecker Hof grenzte und ihn der alte Gruber Tage vor dem Mord davon erzählte und auch zeigte.

Bemerkenswert ist auch, dass sogar die Polizei Tage nach der Tat Spuren entdeckte, obwohl es auch in den Tagen nach der Tat Niederschläge gegeben hatte, diese auch sicherte, so gut, wie es damals möglich war:
http://www.hinterkaifeck.net/wiki/in...purensicherung

Wie man sieht, handelten die Täter nicht unbedingt übervorsichtig, um Entdeckungen zu vermeiden, vielleicht hatten sie das auch gar nicht nötig. Ich erinnere nochmals daran, dass der alte Gruber weder Nachbarn um Hilfe bat, um seinen Hof gründlich durchsuchen zu lassen und auch nicht die Hilfe der Polizei suchte, das hatte ihm Lorenz Schlittenbauer geraten, nachdem ihm der alte Gruber von den Fußspuren berichtet und auch gezeigt hatte. Es kam vom alten Gruber nur die eher lapidare Bemerkung, dass er mit einem solchen Gesindel allein fertig werden würde.
Im Besitz des alten Gruber befand sich ein Infanteriegewehr und wohl auch ein Schrotflinte:nach der Auffindung der Leichen wurde in der Mägdekammer auf einem unbenutzten Herd eine Tüte mit Schrot gefunden.

Da taucht bei mir gleich eine Frage auf: wohin sind diese Waffen verschwunden, denn im Inventarverzeichnis des Hofes tauchen sie nicht auf, obwohl noch jeder so kleine Gegenstand penibel aufgelistet wurde?

Und gleich eine zweite Frage: warum hat die Polizei ihre Spürhunde nicht auf die entdeckten Spuren angesetzt? Oder den Spitz, der sich nach Aussagen immer um den Hof herum streunte und heulte, bis er eingefangen wurde, angeleint und auf die Spur angesetzt? Er hatte den Tätergeruch noch in der Nase!

Wie gut Hundenasen arbeiten können, zeigt ein Fall aus dem Jahre 1926, der sich im flandrischen Beernem ereignet hat. Dort verschwand ein Bauernsohn, der nachweislich ein solider Mensch gewesen war, vorerst einmal spurlos. Die Familie, die sich natürlich Sorgen machte und auch wußte, mit wem der junge Mann in der Nacht, es war seinerzeit eine feucht-fröhliche Kirmes gewesen, zusammen gewesen war und vom Hof dieser Leute auch die letzten Lebenszeichen erkennbar gewesen waren. Nach Aussagen der Hofbewohner war der junge Mann, in stark angetrunkenem Zustand, nach Hause gegangen und wohl in den nahen Kanal gefallen. Die Familie glaubte dies aber nicht, sondern engagierte ein privatmann mit einem guten Spürhund. Dem Hund gab auf dem Hof ein Kleidungsstück des Vermißten zu riechen, worauf er erst in die Wohnstube lief und einen bestimmten Platz beschnüffelte. Die Hofbewohner gaben zu, dass sich der Vermißte in der Stube aufgehalten hatte. Der Hund folgte der entdekcten Spur bis zur Tür und schoß wie ein geölter Blitz, nachdem die Türe geöffnet worden war, auf den Misthaufen zu und wühlte darin herum. Dem Hofbesitzer war dies zuviel und er verwies die Leute von seinem Hof.
Wenige Tage später fand man die Leiche des Vermißten im Kanal, seine Kleidung war total verschmutzt und er hatte noch Reste von Mist im Mund! Doch die Polizei überging dieses wichtige Detail und eine vorhandene Wunde am Kopf des Toten wurde damit erklärt, dass er sich beim Sturz in den Kanal dort verletzt hätte.
Die Familie des Toten gab sich damit nicht zufrieden, sondern drängte auf Wiederaufnahme des Falles, was ihr auch gelang.Dr. de Rechter, einem berühmten Kriminalwissenschaftler, gelang es, alle Schlampereien und Verschleierungen aufzudecken und nachzuweisen, dass es sich um eine brutalen Mord handelte. 
Unsachgemäße Spurensicherung hatte die vorzeitige Aufklärung verhindert!

Nähern wir uns also hier den Tätern.

- sie waren von außerhalb, da die gefundene Zeitung nur in großen Städten oder Bahnhöfen erhältlich war

- den aufgefundenen Fußspuren nach trugen sie festes Schuhwerk, mit dem auch ein längerer Fußmarsch ohne weiteres möglich war

- die aufgefundenen Fußspuren führten zum Wald in Richtung Edenhausen,eine kleine Ortschaft, in der eine Bahnstation war. Die Bahnstrecke führte nach Regensburg und Augsburg. Von dort aus konnte man in jede beliebige größere Stadt reisen.

- sie beobachteten den Hof vom Waldrand aus, was wohl eher unwahrscheinlich ist. Vielmehr wird hier ein Komplize gewartet haben, Zeitung gelesen und geraucht haben. 

- aufgefallen sind der/die Täter auch nicht, da sich sie sich in der Kleidung nicht von den Leuten, die täglich unterwegs waren, nicht unterschieden: Hamsterer, Waldarbeiter, Bettler, Arbeitssuchende. Es findet sich in den Akten auch eine Aussage, dass man am Waldrand zwei "luckimäßig" gekleidete Gestalten gesehen hätte, vielleicht in abgetragenen Soldatenmänteln, man denke hier an den angeblich wiederaufgetauchten Karl Gabriel, von denen man aber weiter keine Notiz nahm.

- sie kannten sich in der Gegend und auf dem Hof aus, können keine Zufallstäter gewesen sein. Und sie waren den Hofbewohnern bestens bekannt, sonst hätte der alte Bauern unbesorgt Nachbarn/Polizei holen können.

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