Freitag, 26. Juni 2015

Gedanken über König Ludwig II. - 3. Teil

Als ich gestern noch im Buch "Die letzten Tage im Leben von König Ludwig II." von Alfons Schweiggert blätterte, fiel mir mir noch ein handschriftliche Notiz in die Hände, die ich mir anläßlich einer Doku über den König gemacht hatte. Sie umfaßt, die Rechtsauskunft kam von Dr. Peter Gauweiler, eine Liste der Straftaten, die gegen den König im Laufe seiner "Gefangennahme" und den nachfolgenden Ereignissen begangen wurden. Ich finde, das liest sich interessant!

Straftaten gegen Ludwig II.

versuchte Entführung
vollendete Entführung
Freiheitsberaubung
Hochverrat
Mord ( wenn der König aus seiner Situation heraus Selbstmord verübt hat, hätten die Täter, welche ihn in diese ausweglose, widerrechtliche Situation versetzt hatten, aus eben der Suizid erfolgte, schon damals wegen Mordes angeklagt werden können)
Mittäterschaft am an Dr. Gudden

Außerdem hätte der König das Recht auf einen Rechtsanwalt/-wälte gehabt, sowie auf weitere ärztliche Gutachten.

Das alles war schon damals im BGB festgeschrieben!



Über die letzten Tage des Königs ist schon viel spekuliert worden und wird auch sicher noch viel Raum für Vermutungen bieten. Was er wirklich gedacht und gefühlt hat, wird letztendlich unbekannt bleiben. Man kann sich aus seiner eigenen Sicht heraus den Plänen und Gedanke annähern.....
Wen ich aber überhaupt nicht verstehe, ist Dr. Gudden. Wie konnte er sich mit einem Mann, den er vorher als krank, paranoid, also gefährlich eingestuft hatte, alleine auf einen Spaziergang begeben? Der Satz "Es darf kein Pfleger mitgehen", ist protokolliert worden, also tatsächlich gefallen. Dr. Gudden war gewarnt worden: der König war immer dann sehr freundlich, wenn er die Versetzung eines Ministers plante und sein Lieblingssatz war: "Den müssen wir einseifen". Dr. Gudden kam der letze Satz zu Ohren und meinte leichthin, dass er sich zwar einseifen, aber nicht rasieren lassen wolle...
Als Gudden vor dem besagten Spaziergang mit Kollegen zu Abend aß und dort sagte, er würde mit dem König allein spazieren gehen, warnte man ihn nochmals. Ein Kollege meinte, er würde mit dem König nicht alleine gehen, aber er, Dr. Gudden, könne sich das mit seiner faszinierenden Gewalt über Kranke wohl erlauben. Dr. Gudden war ein anerkannter Irrenarzt, der zahlreiche Neuerungen in der Behandlung und Pflege von Geisteskranken eingeführt hatte. Auf Grund seiner Verdienste war er zum Professor und Direktor der oberbayerischen Kreisirrenanstalt München ernannt worden. Außerdem erhielt er den Verdienstorden der Bayrischen Krone und wurde in den persönlichen Adelsstand erhoben.
Gudden spielte eine wesentliche Rolle bei der Absetzung König Ludwigs II. von Bayern. Er verfasste das Gutachten, welches die amtliche Begründung für die Entmündigung des Königs bildete, lediglich auf Grundlage der Auswertung der Behandlungsakten; eine persönliche Begutachtung des Patienten durch den Arzt erfolgte nicht. Ich finde, das "stinkt", wie kann ein Arzt, der ansonsten für seine Sorgfalt bekannt ist, sich für so eine Sache hergeben??
Na, jedenfalls hat er sich im Verhalten seine Patienten wohl gründlich getäuscht oder täuschen lassen. Er fand zwar, dass der König mit seinen vielen Fragen zwar sehr anstrengend sei, sich aber ansonsten wie ein Kind verhalte und fügsam sei...
Es ist viel darüber spekuliert worden, ob Gudden in die Todesumstände des Königs verwickelt worden sei, aber ich glaube das nicht. Da war ein Arzt, der durch seine Erfolge schwindelfrei geworden war, der es sich, diese Worte waren für ihn wohl sehr schmeichelhaft, mit "seiner Gewalt über Kranke" erlauben konnte, sich auf einen solchen Spaziergang zu begeben, er der große Dr. Gudden.... 
Er hatte doch die Berichte gelesen, wonach der König schon einmal handgreiflich werden konnte, wie zornig und unbeherrscht er war. Ließ er sich wie ein Anfänger von einer Fassade der Folgsamkeit und Höflichkeit täuschen? 
Wir wissen es nicht und werden es niemals erfahren....

Der Fall Hinterkaifeck - Teil 12

Der nächste Abschnitt behandelt die Reuthaue, die vermutete Haupttatwaffe.

Eine Reuthaue ist ein ziemlich handliches Werkzeug, das zum Stockkgraben benutzt wird und auch heute noch im Gebrauch ist. Es werden damit Wurzelstöcke, Bäumchen und Sträucher aus der Erde entfernt, also gerodet.
So ein Werkzeug fand sich natürlich auch auf dem Hinterkaifecker Hof, zum Besitz gehörte auch Wald, und war vom alten Gruber in unfachmännischer Weise repariert worden. Jedenfalls stand auf der Rücksseite der Haue eine Schraube samt Schraubenmutter einige Zentimeter hervor.
Hier kann man die Reuthaue sehen: http://www.hinterkaifeck.net/wiki/im...ffen_Part1.jpg 

Die Reuhaue blieb zunächst unentdeckt, man nahm als Tatwaffe den im Stall in einem Futtertrog entdeckten Kreuzpickel an, der allerdings schon von den Tieren beleckt worden war und man keine Spuren an ihm feststellen konnte.
Die Reuthaue wurde erst ein Jahr später beim Abriß des Hofes entdeckt und der Polizei gemeldet. Ausführlich kann man über den Fund und die Untersuchung hier nachlesen:
Dokumente: 1923-02-23 Meldung Fund Reuthaue ? Das Hinterkaifeck-Wiki

Auf den Dach- und Heuboden führte vom Wohntrakt aus ein Bodenstiege, da sich auf dem Dachboden, beim Kamin, auch die Räucherkammer befand.
Auf Bild Nr.2, kann man die Rückansicht des Hofes sehen, die unbenutzbare Tür zur Küche und den Einstieg zum Dach- und Heuboden über die Bodenstiege:
Google-Ergebnis für http://www.hinterkaifeck.net/files/hexenholz/Top1.gif

Auch auf dem zweiten Bild kann man gut erkennen, dass sich die Bodentreppe im Kellervorraum befand und darunter der Zugang zum Keller war:

Datei:Grundriss.gif ? Das Hinterkaifeck-Wiki

Man kann hier gut erkennen, dass sich die Bodenluke doch in einiger Entfernung vom Kamin und der angeschlossenen Räucherkammer befand. Dafür gibt es auch ein ganz normale Erklärung: das Heu durfe nicht unmittelbarer Nähe zum Kamin gelagert sein, da sonst eine große Entzündungsgefahr bestanden hätte.
Das Heu musste auch immer gewendet werden, damit es trocknen konnte und es, da es im Winter für die Fütterung genutzt wurde, nicht verderben durfte. Es bot sich somit auf der linken Seite genügend Platz an um dort ungehindert arbeiten zu können, außerdem wollte keiner der Hofbewohner durch Heu laufen, wenn Fleisch zum Räuchern aufgehängt wurde. Es waren auch noch andere Dinge auf dem Dachboden, wie etwa der Schrank, in dem Geld gefunden wurde und ein unbenutztes, zerlegtes Bett. 
Man darf also mit Sicherheit annehmen, dass das Heu auf der linken Seite der Bodenluke gelagert war, also hier der Heuboden war.

Die Reuthaue machte im Laufe der Jahrzehnte aber, merkwürdigerweise, ein Art Wanderung durch. Nachdem der Fundort der Haue durch die Polizei erfasst worden war, landete sie zum Schluß beim Kamin! 
Hier auf der Skizze genau bezeichnet: Datei:Grundriss.gif ? Das Hinterkaifeck-Wiki

Ich frage mich schon, wie kann das sein? Die Polizei, wenn sie auch in ihrem Bericht statt „Heustock“ „Leustock“ geschrieben hat, hätte den Fundort, wäre er beim Kamin gewesen, auch als solchen bezeichnet. 
Als Argument dient für den neuen Fundort immer, dass die Hunde, mit denen die Polizei eine Tatortbegehung machte, beim Kamin angeschlagen hätten und die Beamten, fälschlicherweise angenommen hätten, die Hunde hätten dies wegen des dort noch, in der Räucherkammer, gelagerten Schinkens getan.
Die Hunde fanden aber auch Exkremente im Heu und kleine Blutspuren, die aber nicht weiter verfolgt wurden.
Es existiert auch eine Tatortskizze aus den 50iger Jahren, angefertigt von einem Beamten namens Venus, die auf Zeugenaussagen aus eben dieser Zeit beruht, die man aber angeblich noch nicht gesichtet hat und noch im Staatsarchiv München sind.
Und schon eine weitere Frage: wieso hat die Polizei seinerzeit diese Zeugen, wenn sie doch offensichtlich über Täterwissen verfügten oder die Täter auf Grund dieser Aussagen kannten/ gekannt haben, nicht besser vernommen? Oder ggf. in Untersuchungshaft genommen?

Das Nächste ist die Annahme, dass die Reuthaue sorgfältig versteckt wurde. Renner erwähnt dies in seinem Bericht, den man hier, und noch mehr Berichte zur Reuthaue, hier nachlesen kann:
Suche ? Das Hinterkaifeck-Wiki

Aber Beweis ist dies keiner, umso mehr, als Renner auch von losen Brettern spricht, unter denen die Reuthaue auf dem Dachboden aufgefunden wurde.
Lose Bretter auf dem Dachboden sind mehr als logisch, da sich im Zwischenraum, der ja ein Hohlraum war, Mäuse- oder sogar Rattennester befinden konnten, die immer wieder ausgeräumt werden mussten oder Heu, das einfach beim wenden durchgefallen war, um Selbstentzündung zu vermeiden, ebenfalls entfernt werden musste.

Man könnte jetzt sagen: naja, was spielt das jetzt noch für eine Rolle, wo dieses Mordwerkzeug nun wirklich war? 
Das Dumme an der Sache ist nun einmal, dass die Polizeifachschule FFB, die den Fall vor einigen Jahren mit modernen Mittel zu lösen versuchte, genau von diesem Fundort, nämlich beim Kamin, ausgeht und ihn als bewusst gewähltes Versteck sieht. Und dass diese Dinge in der Argumentations- und Beweiskette, in der Ermittlungsarbeit um den Täter eine große Rolle spielt. 
In diesem Film kann man das mitverfolgen: http://www.youtube.com/watch?v=Ry2qjsAoFPw


Da frage ich: was für unveröffentlichtes Material steht den Schülern zur Verfügung, aus dem eindeutig hervorgeht, dass dies der Fundort war (zeitnahe Aussagen, Fotos)? Und worauf begründen sie, dass dies ein bewusst gewähltes Versteck war?
Wenn eindeutige Beweise existieren, die mit Sicherheit, auch zu diesem späten Zeitpunkt, den/ die Täter identifizieren können, so wäre es doch an der Zeit diese zu benennen und den Spekulationen ein Ende zu bereiten.

Ich denke, dass man zum ersten polizeilichen Protokoll zurückkehren muß und es nichts anderes Konkretes darüber gibt: alles andere ist Spekulation.
Nebenbei: es hätte andere Möglichkeiten gegeben, um die Reuthaue los zu werden. Vom Versenken in der Jauchegrube bis hin zur Reiningung mit Wasser, um sie anschließend an ihren Platz bei den Werkzeugen zurückzustellen.
Man kann hier mit Augenschein und Logik nicht wirklich etwas ausrichten.
Genauso gut könnte man annehmen, dass die Täter auf den Dachboden zurückkehrten, dort fehlte ein großes Stück Schinken in der Räucherkammer und das blutige Werkzeug, das noch einer der Täter in der Hand hatte, einfach los werden wollten, um es nicht mehr sehen zu müssen und es ganz einfach unter dem nächsten losen Brett „entsorgt“ wurde.

Sonntag, 21. Juni 2015

Gedanken über König Ludwig II. - 2. Teil

Ja, der König Ludwig, bei mir nehmen die Bücher über ihn ein großen Platz im Bücherregal ein. Ich kann mich noch gut an meine erste Biographie über ihn erinnern: Blunt, Wilfried - Ludwig II. Von da ab gab´s kein halten mehr und ich habe viele Bücher, auch Romane, über ihn förmlich verschlungen.
Vom Klassiker "Gottfried von Böhm - Ludwig II. König von Bayern" bis hin zu Karl Mays Romanreihe um den König. 
Böhms Buch ist insofern interessant, weil er viele Zeitgenossen des Königs noch kannte und persönlich interviewen konnte, z.B. die Schauspielerin Lila von Bulyowsky, mit der Ludwig II. 1866 anbandelte. Er erlag der graziösen Ungarin wohl auch wegen dem bestrickenden Reiz "ihrer immer etwas ungenügenden Beherrschung der deutschen Sprache", wie es der Ludwig-Biograph Gottfried von Böhm 1922 formulierte. Der König schrieb ihr Liebesbriefe,lud sie auf die Roseninsel ein, in Schloß Hohenschwangau führte sie sogar in sein Schlafzimmer, worauf schon geunkt wurde, der Keusche sei "nun andern gleich gefallen". Böhm aber ist skeptisch: "Bei der Kußszene wurde Lila spröde und man trennte sich unverrichteter Sache."
Irgendwie muß die ganze Sache doch enttäuschend für den König gewesen sein, denn er gestand ihr, " er habe nie ein Weib besessen und er bedecke oft des Nachts ihrer gedenkend, seinen Pfühl (Kissen) mit Küssen". Nach diesem Geständnis, ließ er seine Haupt an den Busen der Künstlerin sinken, aber die legte es , statt einer Antwort, ruhig auf die Seite....

Es gibt auch einen Roman, in dem ein Liebesverhältnis des Königs mit einer Frau Folgen gehabt haben soll. Es handelt sich um das Buch "Diana" von Jo van Ammers-Küller. Es ist die romanhafte Beschreibung der Lebensgeschichte der Bildhauerin Elisabet Ney. Sie arbeitete u.a. in München und schuf eine lebensgroße Statue des Königs. Während dieser Zeit, ihr Mann lebte seiner Gesundheit wegen in Rom, wurde sie schwanger und verließ München in aller Eile. Den pikanten Gerüchten waren nun natürlich Tür und Tor geöffnet. 
Sie wanderte schwanger nach Amerika aus und gebar dort einen Sohn, den sie nach Schopenhauer Arthur nannte. Das Kind soll sehr schön gewesen sein, starb aber mit drei Jahren an Diphtherie. Sie verbrannte die Leiche des Kindes im Ofen ihres Anwesens, fertigte aber vorher einen Gipsabdruck, den sie in einem tragbaren Sarg auf alle Reisen mitnahm. Nach ihrem Tod sorgte ihr Mann dafür, dass der Gipsabdruck mit ihr beerdigt wurde. 

Naja, über den König lassen sich bestimmt noch viele Bücher schreiben und Filme drehen. Aber ihm wird kaum etwas gerecht werden, da er eine vielfältige Persönlichkeit war. Ich persönlich würde mich einmal über einen sorgfältig gemachten Mehrteiler freuen 

So ganz komme ich von König Ludwig gerade nicht los, aber das ist bei mir immer so: mal am historische Lesehaken, kann ich mich nicht so schnell davon befreien, vielleicht will ich es auch gar nicht 

Um noch einmal auf die Bildhauerin Elisabet Ney zurückzukommen: sie schrieb, wie viele erwachsene Menschen ihrer Zeit, Tagebuch. Und in diesem Tagebuch notierte sie, vom König schwanger zu sein.
Vielleicht war ja diese männlich wirkende Frau, die zudem ein männliches Handwerk ausübte, nach dem Geschmack des Königs. Sie war ein burschikoser Typ, schnitt ihre Haare kurz und trug Kleidung ohne Korsett.Außerdem behielt sie ihren Mädchennamen. Hier Bilder der Dame:

http://www.lwl.org/pressemitteilunge...lder/25739.jpg
http://www.lwl.org/pressemitteilunge...lder/25740.jpg
https://upload.wikimedia.org/wikiped...ey,um_1859.jpg
https://r4students.files.wordpress.c..._004000001.jpg
http://farm9.staticflickr.com/8538/8...c0a5a005_o.jpg

Auf der anderen Seite gibt es Briefe des Königs, nachlesbar in "Holzschuh, Robert - Das verlorene Paradies Ludwigs II.", die zeigen, dass er Männer bevorzugte und ziemlich ungeschminkt nach einem gewissen Körperteil fragte. Die Briefe lassen den Rückschluß zu, dass der König zwar Küsse und Umarmungen austauschte, es aber nie zu mehr kam. Denn der König war, als konstitutionelles Staatsoberhaupt, dem Gesetzbuch unterworfen und seit der Gründung des Deutschen Kaiserreichs galt das BGB auch in Bayern. In Bayern war Homosexualität vorher nicht strafbar, das ursprüngliche Gesetzbuch fußte auch dem Code Napoleon, aber mit der Einführung des BGB war es wieder strafbar.
Außerdem gingen frühzeitig Gerüchte über die Homosexualität des Königs um, etwa über die Gebrüder Völkl, und in Schwaben und Franken wurde er als "Spinatstecher" bezeichnet.
Auf der anderen Seite: warum sollte Elisabet Ney, in ihr Tagebuch die Unwahrheit notieren? Das Tagebuch war ihr privatester Besitz, für niemanden freiwillig einsehbar.
Der König schrieb selbst auch Tagebuch und darf man den Auszügen, die ein gewisser Edir Grein, ein Pseudonym,veröffentlichte, trauen, praktizierte der König nur Küsse, Umarmungen und Onanie, worunter er ebenso litt. Onanie galt als schwere Sünde und wurde außerdem für Geisteskrankheiten verantwortlich gemacht... 

Zum Schluß: man könnte den König als Erfinder des Bewerberfotos bezeichnen. Natürlich wechselte in seinem Haushalt immer wieder das Personal, zu dem auch Frauen gehörten, und er verlangte vorab ein Bild des Bewerbers, um sich ein Bild machen zu können 

Gedanken über König Ludwig II. - 1. Teil

Manchmal ist es mir auch danach, in Büchern zu schmökern, die zu meinen ersten geschichtlichen Themen gehört haben. Mein Hauptfavorit: König Ludwig II., leicht ironisch auch König Ludwig Superstar genannt. Ein Taschenbuch des gleichen Titels, Verfasser Alfons Schweiggert, steht seit langem im Bücherregal. Man findet alles, aber auch wirklich alles, rund um diese bayrische Werbeikone, auf witzige Weise angereichert, in diesem Taschenbuch.
Aber um dieses Buch ging es mir gestern nicht, obwohl es vom Format her auch ein Taschenbuch ist. Ich spreche von Horst Krügers "Ludwig, lieber Ludwig".
Wie schon eingangs erwähnt: Ludwig II. gibt es in Gips, Schokolade und Postern,mehrfach dramatisiert, schon oft verfilmt, „in Augenzeugenberichten" bei dtv und in mannigfaltigen Einzeluntersuchungen zur Todesart, zum Problem seines Wahns, über den Baumeister Ludwig und über Ludwig als den einzig Wahren, Guten und Schönen. Er ist umstritten wie Hamlet, wie Kaspar Hauser. Wer ihn also ganz enträtseln könnte, würde uns enttäuschen: Wir wollen ihn als Märchenkönig behalten, und welch irdische Beweggründe seine absonderlichen Handlungen hatten, das wollen wir allenfalls ahnen; Dokumente, Atteste, historische Rekonstruktionen: alles Nüchterne also macht uns nicht satt; Konstruktionen jedoch, etwa die Psychologie mit ihren klaren Begriffen für undeutliche Vorgänge ist hier die ideale Zaubertrickkiste, unsere Neugier erst richtig zu stacheln.
Und der Autor greift hier ganz ungeniert in diese Zauberkiste und er macht seine Sache gut: historische Fakten werden vorangestellt und der König, beinahe wie in einem Interview, dazu befragt. Mehr noch: die Reaktionen und Antworten des Königs befriedigen mich als Leserin, denn irgendwie scheint dabei alles so normal.
Ich denke auch mit schmunzeln an meine pubertäre Phase zurück, in der mich alles sexuelle rund um den König sehr interessiert hat und ich mich als "Schlüssellochguckerin" gut gemacht hätte , aber schließlich steckt in jedem von uns wahrscheinlich ein kleiner Voyeur....

Und als wenn es zur Lesethematik passen würde: gestern Abend kam auf "Eins festival" ein moderner König-Ludwig-Film, der allerdings von der Kritik ziemlich verrissen wurde. Ich fand ihn gar nicht mal schlecht, denn den jungen König kann man sich ruhig als chic gekleideten Mann vorstellen, der seine Haare locken ließ, die waren von Natur aus nämlich glatt, sprich "Schnittlauchlocken".
Er mochte auch blumige Düfte gerne, "Chypre" hieß sein Lieblingsduft. Chypre klassifiziert eine Familie von Parfüms, die aus einer hesperidischen Kopfnote von Zitrusölen wie Bergamotte, Orange, Zitrone oder Neroli, einer blumigen Herznote aus Rosen- und Jasminöl, und einer warmen, holzig-moosigen Basisnote aus Eichenmoos und Moschus bestehen. Chypre, vom Wort "Zypern" abgeleitet, war während des gesamten 19. Jahrhunderts eine begehrte und gern gekaufte Duftkomposition.
Er scheint auch in jungen Jahren bereits ein Genießer gewesen zu sein, der süße Speisen und Getränke deutlich bevorzugte. Davon kam auch sein rapider Zahnverfall, der nicht aufzuhalten war und er sich Zahnarztbesuchen verweigerte, bis die Schmerzen unerträglich waren.....

Dass der König ein gut aussehender Mann war, zumindest in jungen Jahren, zeigen die zahlreichen Fotos, die er von sich anfertigen ließ. Sein Hofphotograph Josef Albert hatte ein seinerzeit hochmodernes Photoatelier, das der König selbst dann noch beehrte, als er schon ziemlich unansehnlich war. Man könnte den König sogar als den Erfinder des Autogramms bezeichnen, da er gerne Fotos von sich verschenkte, die von ihm handsigniert oder sogar öfters mit einer persönlichen Widmung versehen waren:http://images.zeno.org/Fotografien/I/big/PHO00147.jpg

Der Fall Hinterkaifeck - Teil 11

Der Exkurs über das Sterbebild führt mich zum, in der Zeit in Waidhofen als Pfarrer tätigen,Michael Haas.

Dazu ein kurzer Lebenslauf:

* 01.02.1877 in Ammersberg

20.07.1901 Priesterweihe
19.08.1901 Kaplan in Kaisheim
20.05.1902 Kaplan in Thannhausen
26.01.1903 Stadtkaplan in St. Georg, Augsburg
10.05.1906 Pfarrer in Döpishofen
11.08.1910 Pfarrer in Waidhofen ( mit den Orten Gröbern und Laag)
27.02.1930 Pfarrer in St. Josef, Augsburg

+ 14.06.1933 in Augsburg


Der Lebenslauf des Pfarrers weist keinerlei Ungewöhnlichkeiten auf, sondern entspricht dem durchaus üblichen beruflichen Werdegang eines Priesters.
Auch in der Personalakte des Pfarrers, sollte sie überhaupt noch vorhanden und zugänglich sein, dürfte sich nichts Außergewöhnliches finden. 

In einer Personalakte finden sich, genauso wie in jeder Firma oder dem öffentlichen Dienst, Beurteilungen der Vorgesetzten, in kirchlichem Dienst z.B. über Predigtinhalte, und Zeugnisse (Ausbildung, Lehrgänge, Studium). In kirchlichem Dienst können noch Bemerkungen über moralisches Fehlverhalten enthalten sein.

Pfarrer Haas war in seiner Gemeinde Waidhofen sicherlich gut angesehen, gehörte doch der Pfarrer zu den, neben, z.B. dem Bürgermeister, wichtigsten Personen des Ortes. Jedenfalls schenkten ihm die Bürger zu seinem silbernen Priesterjubiläum 1926 eine Glocke.

Angeblich fand Pfarrer Haas Mitte März 700 Goldmark im Beichtstuhl in der Kirche Waidhofen. Weder Datum noch Sachverhalt gilt als gesichert. Sollten die Bücher, also die Buchführung, von Waidhofen noch vorhanden sein, müsste die Spende eingetragen worden sein.
Es war damals, wie heute, Pflicht, Geldeingänge in der Pfarrei zu verzeichnen, sei es Gebühren, wie etwa eine Taufe, oder Spenden. Das Geld wurde zum Teil selbst behalten, z.B. für Renovierungen oder Ausstattung der Kirche, ein Teil an die Diözese abgeführt.

Anmerkung: der Pfarrer von Rennes-les-Chateau stolperte Ende des 19. Jahrhunderts über eine solche „Spendenaffäire“. Er unterschlug Spenden und Gelder für Seelenmessen und steckte sie in die eigene Tasche, bzw. stattete die örtliche Kirche nach seinem Geschmack aus. Die dort aufgestellten Figuren waren, entgegen aller Mysterien, die in ihnen gesehen wurden, bei einer Firma per Katalog bestellbar. Jedenfalls wurde seine Kirchenleitung durch Anzeigen von Spendern auf ihn aufmerksam und sie überprüften die Angelegenheit. Ergebnis: er veruntreute Gelder und wurde aus dem Kirchendienst entlassen. Er führte aber, da er über genügend Geld verfügte, noch ein ruhiges Leben.

Pfarrer Haas beerdigte am 08.04.1922 die Opfer von Hinterkaifeck und hielt vor mehr als 1000 Trauernden eine ergreifende Predigt, welche die Geschichte von Kain und Abel zum Thema hatte.

Pfarrer Haas meinte, den Mörder müsse man unter den Anwesenden suchen und 1931 äußerte er, der Mörder von Hinterkaifeck sei wohl nicht mehr am Leben, berief sich aber auf das Beichtgeheimnis.

Wer mehr über Pfarrer Haas lesen möchte: Suche ? Das Hinterkaifeck-Wiki

Zum Beichtgeheimnis gibt es Folgendes zu sagen:

Kirchenrecht

Das Beichtgeheimnis ist im kanonischen Recht fest verankert ("Das Beichtgeheimnis ist unverletzlich", can. 983 §1 CIC) und die direkte Verletzung desselben wird mit Exkommunikation bestraft (can. 1388 CIC). 
Es wurde aber auch schon zuvor in der Kirche anerkannt und gilt somit rechtsgeschichtlich als eine der ältesten Datenschutzvorschriften. Es bindet den Beichtvater und "falls beteiligt, den Dolmetscher und alle anderen ..., die auf irgendeine Weise aus der Beichte zur Kenntnis von Sünden gelangt sind" (can. 983 §2 CIC). 
Dabei ist es unerheblich, ob die Beichte durch die Absolution "erfolgreich" beendet wird.Der evangelische Geistliche hat ebenfalls das in den Pfarrdienstgesetzen der Landeskirchen geregelte Beichtgeheimnis zu beachten. 
Es ist gegenüber jedermann „unverbrüchlich“, selbst eine Entbindung durch den Betroffenen ist daher, anders als beim davon zu unterscheidenden Seelsorgegeheimnis, nicht möglich.

Daneben existiert im Bereich der Kirchenverwaltung die „Amtsverschwiegenheit“, von der durch die vorgesetzte Kirchenbehörde entbunden werden kann. 

Zeugnisverweigerungsrecht 
Sowohl im deutschen Zivil- als im Strafprozess sind Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei Ausübung der Seelsorge anvertraut ist, zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt. 
Für den Strafprozess folgt dies aus §53 Absatz 1 Nr. 1 der Strafprozessordnung, für den Zivilprozess aus §383 Absatz 1 Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO). 
Entgegen dem Wortlaut des §385 Absatz 2 ZPO verpflichtet selbst eine (kirchenrechtlich meist unwirksame, s.o.) „Entbindung“ nicht zum Zeugnis. 
Für die römisch-katholische Kirche ergibt sich das aus Artikel 9 des Reichskonkordats und für andere Religionsgemeinschaften aus dem Gleichheitsgrundsatz.

Wer Geistlicher in diesem Sinne ist, bestimmt sich nicht nach einem bestimmten Status (Priesterweihe, Ordination), sondern nach der Funktion, zur Seelsorge berufen zu sein.

Auch Pastoralreferenten, nicht-ordinierte Seelsorger, Gemeindediakone usw. kommen deshalb als Inhaber des Aussageverweigerungsrechts in Frage. 
Für Geistliche besteht gem. §139 Abs. 2 Strafgesetzbuch auch keine Anzeigepflicht, selbst wenn sie in ihrer Eigenschaft als Seelsorger von dem Vorhaben eines Hochverrats, Landesverrats, Münzverbrechens, Mordes, Totschlages, Raubes, Menschenraubes oder eines gemeingefährlichen Verbrechens glaubhaft Kenntnis erhalten. 
Damit nimmt das staatliche Recht auf den Gewissenskonflikt des Geistlichen und die Glaubwürdigkeit der betroffenen Religionsgemeinschaft Rücksicht.

Angeblich war ein Brief des Vatikans an Pfarrer Haas unterwegs, in dem er die Erlaubnis erhielt, das Beichtgeheimnis zu brechen. Im Hinblick auf den vorherigen Absatz eigentlich nicht möglich.
Man kann im Hinblick auf den Inhalt des Briefes nur spekulieren: es gibt aber immerhin die Möglichkeit, dass es ein scharfer Verweis der obersten Kirchenbehörde war, die Rederei in der Hinsicht auf den/die Mörder von Hinterkaifeck zu unterlassen. Es wäre damit das Beichtgeheimnis gefährdet, das Vertrauen der Kirchgänger gerade in Hinsicht auf Pfarrer Haas untergraben gewesen: Androhung der Exkommunikation und der damit verbundenen fristlosen Entlassung aus dem Kirchendienst.

Meiner persönlichen Meinung nach wusste Pfarrer Haas nichts, sondern beteiligte sich, leichtsinnigerweise, an den Mutmaßungen der ländlichen Bevölkerung und hat sich, in einem gewissen Grad, auch interessant gemacht.
Und passt eine Beichte, die mit keinerlei Absolution verbunden gewesen wäre, zu Tätern, die eine ganze Familie brutal auslöschen? Ist es vorstellbar, dass die Täter oder einer der Täter, eine solche Tat, die das Gewissen nicht ruhen lässt, nur beichtet, ohne Aussicht auf Absolution, sich dann aber nicht der Polizei stellt, um die Verantwortung zu übernehmen? Nein!